Regionalforum: Handwerk zeigt der Politik, wo der Schuh drückt
Wo dem Ostthüringer Handwerk der Schuh drückt, darüber diskutierte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee mit Handwerkerinnen und Handwerkern zum nunmehr 2. Regionalforum der Handwerkskammer für Ostthüringen in der Jahn GmbH in Bad Blankenburg. Rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung gefolgt, um dem Wirtschaftsminister sozusagen aus erster Hand von Ihren Sorgen und Problemen zu berichten.
Wolfgang Jacob, Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen, verdeutlichte in seinen einleitenden Worten, dass sich die wirtschaftliche Situation im Ostthüringer Handwerk leicht verbessert hat. „Dennoch kann von einem Aufschwung nicht die Rede sein“, so der Kammerpräsident.
Die hohen Rohstoff- sowie Energiepreise und die damit verbundene Inflation bereiten dem Handwerk weiterhin Sorge. „Wir brauchen dringend eine Entlastung unserer energieintensiven klein- und mittelständischen Handwerksunternehmen. Deshalb unser Vorschlag: Die Abschaffung der Stromsteuer. Davon würden alle profitieren“, liefert Wolfgang Jacob einen Lösungsansatz.
Gleichzeitig fühlen sich aus seiner Sicht viele Handwerksunternehmen auch bei der Bewältigung der Energiekrise überfordert. Es sei eine Verunsicherung zu spüren, insbesondere aufgrund der immer wieder wechselnden Vorschläge, Regelungen und Gesetzesvorlagen – hier insbesondere das Gebäudeenergiegesetz.
„Zudem sind aus Sicht der Handwerksunternehmen die bisher angebotenen Förderprogramme oft mit zu viel bürokratischem Aufwand verbunden. Niedrigschwellige Angebote bei den Förderprogrammen werden daher explizit gewünscht“, so die Forderung des Kammerpräsidenten.
Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee kann die Sorgen der Handwerkerinnen und Handwerker nachvollziehen. „Ich stimme zu, dass gerade das Bundeswirtschaftsministerium in seinen Entscheidungen schneller werden muss“, so Tiefensee. Demgegenüber habe aber gerade das Land Thüringen bei seinen Hilfeleistungen schon viel erreicht und das deutlich früher als der Bund.
In punkto Energiekosten beispielsweise plädiert er dafür, die Netzentgelte mit der Frage zu kombinieren, wo der Netzausbau mit erneuerbaren Energien schnell vorankommt. „Da hätten wir in Thüringen einen klaren Vorteil und könnten deutlich besser bei den Strompreisen entlasten.“ Nicht zuletzt verwies er auf die zahlreichen Förderprogramme, die Thüringen aufgelegt hat – sowohl bei der Unterstützung existenzgefährdeter Unternehmen, bei Krediten sowie bei der Verbesserung der Energieeffizienz in Unternehmen. So wird beispielsweise jetzt der sogenannte Dekarbonisierungsbonus bei entsprechenden Investitionsvorhaben zur Energieeffizienz von Unternehmen mit 50 Prozent gefördert.
In teils emotionalen Redebeiträgen der Unternehmerinnen und Unternehmer machten deutlich, dass dringend weitere entsprechende Entlastungen und Förderungen geboten sind, um das Handwerk als Rückgrat der Wirtschaft nicht noch weiter zu schwächen. Während Ronny Rosenau als Obermeister der Friseurinnung nochmals auf die extremen Belastungen seiner Mitgliedsbetriebe nach Corona und bei den Rückzahlungen der entsprechenden Hilfen verwies, sieht Malermeister Thomas Jüttner aus Jena eine ganze Bandbreite an grundsätzlichen Probleme. Er nannte beispielsweise den schlechten Bildungsgrad von Jugendlichen oder die hohen Energiekosten. „Wir können einfach nicht mehr nachvollziehen, was hier gerade passiert“, so Jüttner. Dieser Aussage schlossen sich viele weitere Handwerkerinnen und Handwerker an, wie der Applaus zeigte.
Trotz vieler unterschiedlicher Standpunkte war aber gerade das Regionalforum wieder eine Chance, mit den entsprechenden Entscheidern aus der Politik ins Gespräch zu kommen. Dabei ist gerade Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee einer der wenigen Politiker, die genau diese direkten Gespräche sucht. Er versicherte, dass er die Sorgen und Nöte mit nach Erfurt nimmt, um möglichst zeitnah für Abhilfe zu sorgen.
Titelbild: Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee während der Diskussionsrunde, gemeinsam mit Moderator Thomas Spanier von der Ostthüringer Zeitung und Kammerpräsident Wolfgang Jacob (v.l.).