Energieforum Diskussion
HWK für Ostthüringen

Energiekrise: Wolfgang Tiefensee steht Handwerkern Rede und Antwort

(25.11.2022) Das Handwerk befindet sich im Krisenmodus. Der Unmut über die politischen Entscheidungen zur Bewältigung der Energie- und Wirtschaftskrise wächst. In dieser Situation hatte die Handwerkskammer für Ostthüringen interessierte Handwerksunternehmerinnen und -unternehmer zu einem Regionalforum eingeladen, um mit Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee insbesondere über Auswege aus der Krise zu diskutieren.

Warnung vor Existenzangst und Perspektivlosigkeit

Handwerkskammerpräsident Wolfgang Jacob machte zu Beginn deutlich, dass die derzeitige Wirtschaftskrise für eine noch nie dagewesene Existenzangst und oftmals auch Perspektivlosigkeit unter den Handwerkern sorgt. „Doch den großen Versprechungen auf Entlastungen ist vor allem die Bundespolitik die schnelle und vor allem praktikable Umsetzung in weiten Teilen schuldig geblieben“, so Jacob. Oftmals habe er den Eindruck, dass ohne wirtschaftlichen Sachverstand Entscheidungen getroffen werden, die sich im Nachhinein als Luftblase oder schlichtweg nicht durchführbar herausgestellt haben. “Hätte man sich im Vorfeld Fach- und Sachverstand aus der Wirtschaft und damit auch aus dem Handwerk eingeholt, wären wir jetzt schon deutlich weiter.“, ist er sich sicher.

Umso erfreuter zeigte er sich, dass Thüringens Wirtschaftsminister Tiefenseeden Handwerkern in diesem Forum Rede und Antwort steht. „Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Minister diesen offenen Dialog sucht, um gemeinsam mit Unternehmerinnen und Unternehmern nach Lösungen zu suchen.“

In seinen kurzen Ausführungen vor der Diskussionsrunde macht Wirtschaftsminister Tiefensee deutlich, dass er die Unzufriedenheit durchaus nachvollziehen kann. „Ich stimme zu, dass das Bundeswirtschaftsministerium in seinen Entscheidungen schneller sein muss. Die Gaspreisbremse kam zu spät. Die Kommission hat schlecht kommuniziert. Es wurde aber auch schon viel erreicht“, so Tiefensee.

Thüringen mit Entscheidungen deutlich weiter als der Bund

Vor allem sei aus seiner Sicht der Freistaat Thüringen deutlich weiter als der Bund, wenn es um die Unterstützung der Unternehmen geht. Dabei setze der Freistaat auf drei Säulen: Zuschüsse für existenzgefährdete Unternehmen, Kredite sowie mittelfristig auf eine bessere Aufstellung der Unternehmen in Sachen Energieeffizient.

„Die Richtlinie für einen Härtefallfonds für existenzgefährdete Unternehmen steht in Thüringen. Wir möchten damit am 1. Dezember bzw. Anfang Dezember an den Start gehen und wären damit die ersten in Deutschland“, so Tiefensee. „Allerdings müsse der Bund die Zusicherung geben, dass das Land das vorgestreckte Geld auch vom Bund zurückerhält, wenn der Härtefallfonds des Bundes steht.“

Was Kredite betrifft, so gebe es attraktive Konditionen. Entweder einen Kredit über sechs Jahre mit einem Zinssatz von 0,5 Prozent und zwei tilgungsfreien Jahren oder aber auch eine Kreditlinie über zehn Jahre und einem Prozent Zinsen mit ebenfalls zwei tilgungsfreien Jahren.

Nicht zuletzt nannte er für die Zukunftssicherung der Betriebe in Sachen Energieeffizienz die Landesprogramme „InnoInvest“, „Dekabonisierungsbonus“ und „Digitalbonus“. „Hier haben wir in Thüringen ein Alleinstellungsmerkmal“, erklärt der Minister. 



Energieforum Buff
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Tischlermeister Ullrich Buff aus Crossen war einer vielen Handwerkern, die zur Diskussions deutlich machten, wo die derzeitigen Probleme liegen.

Energieforum Podium
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Im Podium: Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee, Moderator Christian Müller und Kammerpräsident Wolfgang Jacob (v.r.)

Energieforum Comolle
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Stefan Comolle, Geschäftsführer der Laremo GmbH in Langenwetzendorf zeigte außer der Energiekrise noch viele weitere Missstände auf.



Probleme und Sorgen aus erster Hand geschildert

Im Anschluss kamen zahlreiche Handwerkerinnen und Handwerker zu Wort, um ihre ganz persönlichen Situationen darzustellen. In einer emotionalen aber sachlichen Diskussion nahm Wirtschaftsminister Tiefensee viele Anregungen auf, um diese in die künftigen Entscheidungen des Landes einfließen zu lassen oder auch sofort Antworten zu geben.

Bäckermeister Michael Möbius aus Gera schilderte beispielsweise seine Probleme, einen Energieversorger zu finden, der ihm Gas und Strom zu einem Preis anbiete, der ihm nicht die Geschäftsgrundlage entzieht. Er fordert eine Endkoppelung der Strompreise von den Gaspreisen und sieht die unmittelbare Konkurrenz für das Lebensmittelhandwerk durch den Einzelhandel mit Sorge.

Vom Diskutieren endlich ins Machen kommen

Jörg Porzig vom gleichnamigen Autohaus in Gößnitz setzt bereits seit vielen Jahren auf Energieeffizienz. So hatte er seit dem Jahr 2008 durch den Bau einer Solaranlage und durch Wechsel von Gas auf Holzpelletheizung im Jahr 2018 bis zur Energiekrise eine Senkung seiner Energiekosten von vormals 10.000 Euro pro Jahr auf 3.000 Euro. Mittlerweile erwartet er jetzt durch drastisch gestiegenen Preise für Holzpellets Kosten von 12.000 bis 15.000 Euro. „Wo bleibt eine Preisbremse für Holzpellets? Sind wir, die bereits umgerüstet haben, jetzt die Benachteiligten“, fragt Porzig. Wolfgang Tiefensee stimmte ihm zu, dass es nicht sein könne, dass immer noch einige Energieträger nicht berücksichtigt werden. Thüringen habe diese Energieträger in seinen Entwürfen bereits drin, wenn der Bund grünes Licht gibt. „Wir müssen aber endlich aufhören zu diskutieren, sondern müssen ins Machen kommen“, so seine klare Forderung in Richtung Bund.

Auch Jörg Zeidler, Inhaber einer Wäscherei in Altenburg, machen die angekündigten Preiserhöhungen seines Energieversorgers am Januar Angst. Erhöhte Einkaufspreise für Waschmittel sowie ein deutlicher Kundenrückgang tragen ihr Übriges dazu bei, dass eine Vollauslastung seiner Wäscherei bei weitem nicht mehr gegeben ist. „Es ist fast schlimmer als in Coronazeiten.“

Energiekrise ist nur ein Problemfall von vielen

Stefan Comolle, Geschäftsführer der Laremo GmbH in Langenwetzendorf, sieht ein ganzes Portfolio an Missständen, die es endlich anzupacken gilt: Explodierende Energiekosten, aber auch der schlechte Bildungsgrad von potenziellen Bewerbern sind Alarmsignale für die Zukunft.  „Wir beschäftigten schon einen Berufsschullehrer, der teilweise den Azubis schulische Grundlagenkenntnisse vermittelt“, so Commolle. Es kranke an allen Ecken und Enden. „Im Gegensatz zu Berlin haben wir Experten, die nach Lösungen suchen.“ Zwar versuche das Land Thüringen, den auf Bundesebene angerichteten Schaden zu begrenzen. Doch dies reiche bei weitem nicht aus.

Das Themengebiet war breit gefächert und beschränkte sich bei weitem nicht nur auf die Energiekrise. Auch der Fachkräftemangel, die ausufernde Bürokratie, die Nichtumsetzung von Preisgleitklauseln auf kommunaler Ebene trotz Empfehlung von Bund und Land und vieles mehr, treiben den Handwerkerinnen und Handwerkern mehr und mehr Sorgenfalten auf die Stirn.

Für Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee, der sich auch nach dem offiziellen Teil des Energieforums noch eine Stunde Zeit für Einzelgespräche nahm, war es sicherlich kein leichter Auftritt. Doch beim Großteil der Teilnehmer an der Diskussionsrunde hat er mit seinen klaren Positionen und Aussagen Pluspunkte gesammelt. Da gilt es für die Landesregierung, auch künftig nah an den Betroffenen zu bleiben und ihre Sorgen sowie Ängste ernst zu nehmen.



Titelbild: Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee war Gast beim Regionalforum "Energiekrise" der Handwerkskammer für Ostthüringen und suchte den Dialog mit den Ostthüringer Handwerkerinnen und Handwerkern.