Fleischermeisterin Daniela Rödel: Für Karriere im Handwerk ist es nie zu spät
(19.10.2022) Wenn der Duft von frischem Fleisch und geräucherter Wurst durch den Raum zieht, dann ist sie in ihrem Element. Die Rede ist von Fleischermeisterin Daniela Rödel, die seit nunmehr zwei Jahren Inhaberin der Fleischerei Seifert in Greiz-Dölau ist.
Die 32-Jährige ist ein Paradebeispiel dafür, dass es für eine tolle Karriere im Handwerk nie zu spät ist. Doch der Reihe nach.
Den Bezug zum Fleischerhandwerk hat sie schon seit früher Kindheit. Ihr Vater ist selbst Fleischer, arbeitete in verschiedenen Betrieben und nahm seine Tochter Daniele desöfteren mit auf Arbeit. So konnte sie schon frühzeitig erste Erfahrungen im Fleischerhandwerk sammeln. Zudem hatten die Eltern ein Reisegewerbe und waren auf verschiedenen Spezialitätenmärkten unterwegs, um die Fleisch- und Wurstwaren an den Mann oder die Frau zu bringen.
Kochlöffel statt Fleischermesser
Dennoch entschied sich Daniela anfangs nicht für eine Ausbildung als Fleischerin. Eine Kochlehre sollte es ein. So absolvierte sie erfolgreich ihre Ausbildung im Bio-Seehotel in Zeulenroda. „Doch irgendwann habe ich gemerkt, dass ich nicht ständig nur auf Fliesenwände schauen wollte“, erzählt sie schmunzelnd. „Mir hat einfach die Abwechslung gefehlt.“
Und so half sie ihrem Vater auf den verschiedenen Märkten mit und reiste durchs Land. „Der Kontakt zu den Menschen auf den Märkten fand ich abwechslungsreich und interessant.“
Gleichzeitig legte sie ihr Fachabitur an der Berufsschule in Gera ab, besuchte anschließend die Hotelfachschule in Erfurt und konnte sich im Jahr 2014 über den Abschluss als Staatlich Geprüfte Betriebswirtin im Hotel- und Gaststättengewerbe mit der Note 1,6 freuen.
Arbeitsunfall als Wendepunkt
Doch damit nicht genug. Die Forstwirtschaft hatte es ihr ebenfalls angetan. So entschied sich Daniela Rödel, Forstwirtin zu werden. Von 2016 bis 2020 (mit einem Jahr Unterbrechung zur Geburt ihres Kindes) war sie in ganz Thüringen unterwegs. Die Natur hatte es ihr schon immer angetan, denn schließlich ist sie nebenbei auch noch aktive Jägerin.
Der Wendepunkt kam mit einem schweren Arbeitsunfall in der Forstwirtschaft im April 2020. „Vor allem im Interesse meines Kindes wollte ich die Gefahren nicht weiter eingehen, vielleicht eines Tages nicht von der Arbeit nach Hause zu kommen."
Die Märkte, die sie so liebte, waren aufgrund von Corona weggebrochen und so bot das elterliche Reisegewerbe keine Sicherheit mehr.
Fleischerei Seifert als Chance
Doch schließt sich eine Tür, geht eine neue auf: die Fleischerei Seifert in Greiz-Döhlau – ein Traditionsunternehmen, das bereits seit dem Jahr 1907 besteht. Besitzer Lothar Seifert hatte den Betrieb im Jahr 2000 an seinen Schwiegersohn Ludwig Hamann verpachtet. Doch dieser wollte alsbald in den Ruhestand gehen. Er stellte Daniela Rödel in der Fleischerei an und zeigte ihr vieles, was für das Fleischerhandwerk notwendig ist. „Durch die jahrelange Begleitung meines Vaters kannte ich schon eine ganze Menge über die Wurstherstellung. Das Cuttern allerdings hat mir Ludwig Hamann beigebracht“, schildert Daniela.
Für sie stand fest: Ich werde die Fleischerei übernehmen. Doch ohne den Titel des Fleischermeisters ging das nicht. So beantragte sie eine Ausnahmegenehmigung bei der Handwerkskammer für Ostthüringen und erhielt diese mit der Maßgabe, schnellstmöglich den Meistertitel im Fleischerhandwerk abzulegen.
Am 1. November 2020 war es soweit. Daniela Rödel kaufte die Fleischerei von Besitzer Lothar Seifert und war nun Chefin von zehn Beschäftigten. Doch auf den Meisterlehrgang musste sie noch eine ganze Zeit warten. Dreimal wurde dieser in Suhl aufgrund Corona verschoben. In der Zwischenzeit stieg auch ihr Freund Fred Beuthe, gelernter Landwirt und mit viel Erfahrung im Fleischerhandwerk, mit in den Betrieb ein. „Er ist für mich wirklich eine tolle Unterstützung. Ohne ihn könnte ich das wohl alles nicht stemmen“, gilt der Dank ihrem Freund.
Meisterprüfung mit Bestleistung
Im April 2022 konnte sie endlich in den Meisterkurs in den Teilen I und II des Fleischerhandwerks starten (die Teile III und IV wurden ihr aufgrund des Abschlusses als Betriebswirtin anerkannt).
Im Juli dieses Jahres stand schließlich die Meisterprüfung in Suhl an. Als passionierte Jägerin entschied sie sich über ein Buffet ausschließlich mit Wildprodukten. Rehsülze, Wildpraline im Blätterteigkäfig, gefüllter Rehrücken, Mosaikpastete aus Wild, eine Schinken-Braten-Platte mit Wildprodukten und gefüllter Wildscheinrücken waren nur einige der Köstlichkeiten, die sie den Mitgliedern des Meisterprüfungsausschusses präsentierte. Und die waren begeistert. Am Ende konnte sie sich über ein Ergebnis von 1,1 in der Praxis und 1,9 in der Theorie freuen. „Ich hätte nie gedacht, das ich damit Jahrgangsbeste werde“, freut sie sich. So konnte sie im Oktober zur Meisterfeier in Suhl sowohl ihren Meisterbrief als auch die Auszeichnung als Beste des Jahrganges 2022 im Fleischerhandwerk entgegennehmen.
Jetzt heißt es für die junge Frau, gemeinsam mit ihrem Team in der Fleischerei voll durchzustarten. „Natürlich hatte ich auch viele schlaflose Nächte, musste Kredite zum Kauf der Fleischerei aufnehmen“, gibt sie zu. Doch Daniela Rödel hat jetzt ihre Berufung als Fleischermeisterin und Inhaber der Fleischerei Seifert in Greiz-Dölau gefunden.
Tradition und Wildprodukte
Vieles Altbewährte wurde übernommen. Aber natürlich lässt die junge Fleischermeisterin auch viele neue Ideen in ihre Produktpalette einfließen. Wild darf dabei nicht fehlen. Das stammt alles aus der Region, entweder aus dem Forst im Landkreis Greiz ober aber durch die passionierte Jägerin selbst erlegt „Wir möchten zeigen, dass es nicht nur den Wildbraten zu Festtagen gibt und was man aus Wild alles machen kann“, so die 32-Jährige. Wiener, Rostbratwurst, Wildsalami, Schinken, Leberwurst, Pasteten – der Vielfalt bei den Wildprodukten sind kaum Grenzen gesetzt.
Gleichzeitig möchte sie aber auch auf natürlich Zutaten setzen. Die Gewürzmischungen werden komplett selbst hergestellt. „Chemische Zusatz- und Farbstoffe kommen nicht in unsere Produkte. Und auch den Einsatz von Salz haben wir deutlich reduziert“, so Daniela Rödel. „Wir wollen naturbelassen produzieren.“
Sicher ist es eine Gratwanderung, Neues anzubieten und trotzdem die Stammkundschaft mitzunehmen. Der Renner sind derzeit in der Fleischerei Leberpastete, die hausschlachtene Wurst, die Roster sowie Wildschinken und Wildsalami. „Wir sind froh, dass viele Stammkunden auch uns die Treue halten. Es gibt sogar einige, die kommen extra aus Gera und selbst aus dem Schwabenland, um unsere Produkte zu kaufen“, freut sich die Fleischermeisterin.
Jetzt heißt es Daumen drücken, dass sich der Mut der jungen Frau auszahlt. Gerade in Zeiten, in denen das Fleischerhandwerk mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hat sowie mehr und mehr handwerkliche Fleischereien schließen müssen. Fleischermeisterin Daniela Rödel hat jetzt ihre Bestimmung und ihren Traumberuf gefunden, trotz vieler Wendungen seit ihrer Ausbildung als Köchin. Das zeigt: Für eine Karriere im Handwerk ist es nie zu spät.
Titelbild: Fleischermeisterin Daniela Rödel aus Greiz-Dölau in ihrem eigenen Handwerksbetrieb präsentiert stolz ihren Meisterbrief sowie die Urkunde zum Abschluss als beste Fleischermeisterin des Jahrganges 2022 in Thüringen.