Bild Frühjahrsumfrage 2023
sculpies - stock.adobe.com

Frühjahrsumfrage: Nach Allzeittief leichte Erholung im Ostthüringer Handwerk

Die wirtschaftliche Situation im Ostthüringer Handwerk hat sich gegenüber der dramatischen Situation im Herbst 2022 jetzt wieder leicht entspannt. Das geht aus der aktuellen Frühjahrsumfrage der Handwerkskammer für Ostthüringen unter ihren Mitgliedsbetrieben hervor. „Von einem wirklichen Aufschwung kann aber bei weitem noch nicht die Rede sein“, so Kammerpräsident Wolfgang Jacob.

Geschäftsklima wieder im positiven Konjunkturumfeld

Nach den erschreckenden Konjunkturzahlen aus dem Herbst 2022 bescheinigen die Ostthüringer Handwerksunternehmen mit 85 Prozent befriedigender bis guter Lageeinstufung eine im Vergleich zu dem Vorjahresquartal vergleichbare Geschäftslage (Frühjahr 2022 – 84 Prozent). Die Verbesserung um zehn Prozentpunkte im Vergleich zur Befragung im Herbst 2022 kann aber keinesfalls als Aufschwung oder Aufatmen gewertet werden. Allenfalls eine Ernüchterung der Ostthüringer Handwerkerinnen und Handwerker ist zu verspüren, die sich mit ihren Ergebnissen im Umfeld der Krisenjahre 2020-2022 einordnen.

Der Geschäftsklimaindikator (der geometrische Mittelwert aus „guter“ und „schlechter“ Geschäftslage sowie „guten“ und „schlechten“ Geschäftserwartungen), der im Herbst letzten Jahres mit 79 erstmals unter die Schwelle von 100 Prozentpunkten und damit in ein negatives Konjunkturumfeld gerutscht war, hat sich erholt. Dieser liegt im jetzigen Frühjahr bei 108. Von einer völligen Trendwende kann jedoch nicht gesprochen werden, lag der Geschäftsklimaindikator im Jahr 2019 – also vor den Krisenjahren – bei 132 Punkten.

Die leichte Geschäftslageverbesserung spiegelt sich in der Betrachtung der einzelnen Gewerkegruppen wider. Lediglich die Bauhandwerke geben eine vergleichbare Lagebeurteilung wie im Jahr 2022 ab. Hohe Baupreise, Materialengpässe und gestiegene Zinsen für die Finanzierung sorgten für eine Verschiebung von Bauprojekten. In allen anderen Gewerkegruppen hat die „gute“ Lagebeurteilung dagegen Zuwächse im Vergleich zum Herbst 2022 erfahren (Bau- und Ausbauhandwerk plus elf Prozentpunkte, Kfz-Handwerk plus 28 Prozentpunkte, Lebensmittelhandwerk plus drei Prozentpunkte, Gesundheitsgewerke plus 26 Prozentpunkte und personenbezogene Dienstleistungen plus 13 Prozentpunkte).

Die Einzelindikatoren zur Lagebeurteilung wie der Umsatz, der Auftragsbestand, die Betriebsauslastung und die Auftragsreichweite spiegeln die leicht positive Entwicklung wider. So konnten im Frühjahr 27 Prozent der befragten Betriebe ihren Umsatz steigern (plus acht Prozentpunkte gegenüber Herbst 2022). Von einem gestiegenen Auftragsbestand berichten 23 Prozent der Unternehmen (plus zehn Prozentpunkte). 48 Prozent der Betriebe verzeichnen eine Auslastung von 90 und mehr Prozent. Der durchschnittliche Auftragsbestand beträgt im Ostthüringer Gesamthandwerk 14 Wochen – zwei Wochen mehr als noch vor Jahresfrist. Dieser Indikator wird maßgeblich vom Bau- und Ausbauhandwerk (18 bis 20 Wochen) und dem Handwerk für den gewerblichen Bedarf (15 Wochen) bestimmt.

Preisauftrieb verhindert Investitionen

Die Preisindikatoren „Einkauf“ und „Verkauf“ ordnen sich wie in den letzten beiden Umfragen ein. 85 Prozent der Betriebe sprechen von gestiegenen Einkaufspreisen. Demgegenüber stiegen die Verkaufspreise nur bei 62 Prozent der Unternehmen. Nicht allen Unternehmen gelingt es, ihre erhöhten Einkaufspreise an die Kundschaft weiterzugeben. Die bisherige und zukünftig geplante Preisweitergabe der gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe und Vormaterialien erfolgt sukzessive und variiert zwischen den Gewerken. Die Gesundheits- und Lebensmittelhandwerke sowie personenbezogenen Dienstleistungen können die deutlichen Preissteigerungen nicht in dem Umfang weitergeben, wie es den Unternehmen in den Bau- und Aus-bauhandwerken sowie dem Kfz-Handwerk gelingt.

Die Investitionsneigung verharrt auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres. Nur 14 Prozent der Betriebe steigerten ihre Investitionen in den vergangenen drei Monaten, während 40 Prpzent der Unternehmen in diesem Zeitfenster weniger investierten. Die Unternehmen müssen Ersatz- und Modernisierungsausgaben aufgrund der stark gestiegenen Energie- und Materialpreise zurückstellen.

Zukunftsaussichten bleiben angespannt

Die Ostthüringer Handwerkerinnen und Handwerker erwarten auch in den kommenden Monaten ein herausforderndes Geschäftsumfeld. Die gestiegenen Finanzierungskosten und hohe Materialpreise, der anhaltend starke Anstieg der Öl- und Gaspreise, die Preisinflation sowie die Kaufkraftverluste der Kunden zwingt viele Unternehmen zur Liquiditätssicherung und begründen den pessimistischen Ausblick in den Sommer des Jahres 2023. Von einer Erholung ist also auch im Sommer dieses Jahres nicht auszugehen.

Warnung vor dauerhaftem Krisenmodus

„Trotz leichter Entspannungen hält die Krisensituation weiter an“, so Wolfgang Jacob, Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen. „Neben dem Ukrainekrieg ist auch die aus meiner Sicht völlig verfehlte Energiepolitik in Bezug auf die Energiewende einer der Preistreiber. Insbesondere die massiven Kostensteigerungen für Rohstoffe und Energie sorgen für eine Inflation in einer seit vielen Jahrzehnten nicht gekannten Dimension.“

„Große Unsicherheit herrsche momentan sowohl in der Bevölkerung als auch in den Handwerksbetrieben bezüglich des geplanten Verbots von Öl- und Gasheizungen. „In einer Phase, wo Bürgerinnen und Bürger als auch vor allem die Unternehmen durch die Coronakrise und den Ukrainekrieg seit mehr als drei Jahren im Krisenmodus laufen, seitens der Politik über diese Thematik nachzudenken, grenzt für mich an Realitätsverweigerung“, macht der Kammerpräsident deutlich.

Viel wichtiger ist es aus seiner Sicht, der Preistreiberei und damit einer stetig steigenden Inflation entgegen zu wirken. „Unsere Betriebe sind an der Belastungsgrenze und können nicht alle Kosten auf den Endverbraucher umlegen. Hier ist irgendwann das Ende erreicht.“

Wolfgang Jacob macht deutlich: „Die Politik muss endlich einmal genau schauen, was an der Basis notwendig ist und nicht aus ideologischen oder parteipolitischen Gründen Entscheidungen treffen, die wirtschaftsfeindlich und fern jeglicher Realität sind. Das schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland und damit allen Bürgerinnen und Bürgern.“ Wolle man nicht verantworten, dass der Krisenmodus noch über viele Jahre anhält, sei jetzt eine Entlastung der Handwerksunternehmen dringend geboten, um das Handwerk als Motor des wirtschaftlichen Aufschwungs endlich wieder zum Laufen zu bringen.