Goldschmiede Kretschmann: 125 Jahre Ästhetik und handwerkliches Können
Wenn man das Goldschmiede- und Juweliergeschäft am Markt 25 in Altenburg betritt, spürt man den Hauch des gewissen Extras. Goldschmiedemeisterin Martina Kretschmann betreibt den Familienbetrieb in 3. Generation und konnte jetzt seitens der Handwerkskammer zum 125-Betriebsjubiläum die Ehrenurkunde in Empfang nehmen. Begonnen hat die Geschichte im Januar 1898, als Goldschmied und Uhrmachermeister Paul Kretschmann sein Geschäft eröffnete und Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Markt umzog, wo sich noch heute das Familienunternehmen in dem Renaissancehaus befindet.
Haus auf dem Markt 25 ein historisches Kleinod
Das Haus selbst geht im Kern auf das Jahr 1554 zurück – zehn Jahre älter also als das Altenburger Rathaus. Den 1577 errichten Dachstuhl gibt es in dieser Form nur noch wenige Male in Ostthüringen. Eine Orgel aus dem 18. Jahrhundert schmückt noch immer das Innere in der 1. Etage. Das Haus ist also ein wahres Schmuckstück und befindet sich noch heute zu 70 Prozent im Originalzustand.
Großvater Paul Kretschmann als Wegbereiter
Können war schon immer das Markenzeichen der Familie Kretschmann. So war Paul Kretschmann nicht ohne Grund Obermeister der damaligen Uhrmacherinnung in der Stadt. Mit seiner Leidenschaft brachte er es zu einer stattlichen Uhrensammlung, die heute – zusammen mit Utensilien der Altenburger Uhrmacherinnung – im Altenburger Schloss- und Spielkartenmuseum zu bestaunen ist.
Mit Martin Kretschmann durch die Nachkriegszeit
1946 übergab Paul Kretschmann sein Lebenswerk in die Hände seines Sohnes, dem Goldschmied Martin Kretschmann. Er steuerte, gemeinsam mit seiner Frau Gisela durch die Nachkriegszeit und wurde immer mehr zu einem Anlaufpunkt für Schmuckliebhaber. Zu DDR-Zeiten wurde schließlich mit der Volkseigenen Handelsorganisation (HO) ein Kommissionsvertrag geschlossen, um den Zugang zu Gold- und Silberwaren sicherzustellen. Der Name Kretschmann stand auch in dieser Zeit für höchste Qualität und Handwerkskunst rund um Gold- und Silberschmuck.
Martina Kretschmann führt Familientradition fort
Aufgewachsen mit der Familientradition war es dann auch verständlich, dass Martina Kretschmann in die Fußstapfen ihres Großvaters und Vaters trat. Sie absolvierte ihre Goldschmiedelehre bei der Firma Wendel in Leipzig und wagte im Juli 1976 mit der Übernahme der Goldschmiede Kreisel in Altenburg den Schritt in die Selbstständigkeit, bevor sie am 31. Mai 1977 mit Erfolg ihre Prüfung zur Goldschmiedemeisterin ablegte. „Gern wäre ich bei meinem Vater mit eingestiegen. Doch das war zu DDR-Zeiten nicht so einfach“, erinnert sie sich. Selbst als ihr Vater Martin drei Jahre nach dem Eintritt ins Rentenalter sein Geschäft aufgeben wollte, konnte es seine Tochter Martina nicht einfach übernehmen. Es zog eine Gewürzmühle in den Vorbereich des Ladens.
Dennoch wagte es Martina Kretschmann, nutzte den Werkstattbereich im hinteren Bereich des Familienhauses für ihr neues Geschäft und hielt so die Familientradition aufrecht. „Vorn war ja die Gewürzmühle. Die Kunden mussten über den Hauseingang ins Hinterhaus zu mir kommen“, erzählt sie. Doch das schreckte die Kunden nicht ab, die die Qualitätsarbeit der Kretschmanns schon seit vielen Jahrzehnten zu schätzen wussten. Schmuckverkauf, Neuanfertigungen und Reparaturen waren gefragter denn je.
Wendezeit und Neuanfang mit Bedenken
Mit der Wende und der Auflösung der Gewürzmühle war es endlich möglich, auch das Ladengeschäft wieder zurückzubekommen. „Leider war die gesamte Einrichtung meines Großvaters nicht mehr vorhanden“, erzählt Martina Kretschmann mit Wehmut. „Ich habe wirklich überlegt, ob ich einen Neustart wagen wollte oder die Arbeit als Goldschmiedin an den Nagel hänge. Schließlich sind zur Wende viele Reparaturen weggefallen. Die Kunden wollten plötzlich nur noch neu und billig kaufen. Die weite Welt machte es möglich. Und ich musste viel in eine neue Ladenausstattung und Ware investieren.“
Freude an hochwertigem Goldschmuck bleibt
Glücklicherweise entschied sie sich gegen eine Schließung und kann mittlerweile heute auf über 46 Jahre Selbstständigkeit zurückblicken. Dennoch haben sich die Zeiten geändert. „Material und vor allem die Arbeitsleistung einer Goldschmiedin besitzen nicht mehr den Wert von früher“, so Martina Kretschmann. Da freut es sie umso mehr, wenn ihr von der Kundschaft noch schöne alte Handarbeitsstücke zur Reparatur oder Aufbereitung gebracht werden. Sie kennt dies selbst. So kann sich sowohl ihr Gesellenstück als auch ihre Meisterarbeit in handwerklicher Perfektion sehen lassen.
Martina Kretschmann, die im Februar ihren 70. Geburtstag feiern kann, denkt aber noch nicht ans Aufhören. „Dafür liebe ich meinen Beruf und das Goldschmiedehandwerk viel zu sehr. So lange es geht, werde ich für meine Kunden da sein und die nunmehr 125-jährige Familientradition weiterführen.“
Titelbild: Goldschmiedemeisterin Martina Kretschmann aus Altenburg führt den vor 125 Jahren gegründeten Familienbetrieb in 3. Generation. Hier zeigt sie stolz ihr Meisterstück, gemeinsam mit der Ehrenurkunde der Handwerkskammer für Ostthüringen zum Jubiläum.