„Ich bin länger in der Firma als mein Chef“

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HWK für Ostthüringen

Frank Hempel sagt nach 48 Jahren „Goodbye“ „Ich bin länger in der Firma als mein Chef“

Dass Menschen in ihrem Leben nicht nur einmal die Arbeitsstelle oder den Job wechseln, ist heute schon irgendwie gang und gäbe. Dass jemand aber von der Ausbildung bis zum Renteneintritt ein und demselben Betrieb treu bleibt, darf man als Rarität bezeichnen. Installateur und Klempner Frank Hempel gehört dazu. „Meine Eltern haben mit mir gemeinsam einen Beruf gesucht. Und da bot es sich an, bei Siegmar Malz anzufangen“, so der 64-jährige rückblickend. Das ist nun ganze 48 Jahre her, als der junge Mann am 1. September 1977 seine handwerkliche Ausbildung in dem Greizer Handwerksbetrieb begann. „Damals war das Prozedere um die Ausbildungsstelle zu bekommen, noch ganz anders“ und deutet dabei auf zwei Schreiben in seiner Hand. Zu DDR-Zeiten musste man zunächst eine Bewerbung an den Rat des Kreises senden, welcher bewilligt werden musste. „Da mein Vater Siegmar Malz seit 1968 eine Privatfirma führte, war das nicht sonderlich gut angesehen im Sozialismus. Daher musste Frank erst um Erlaubnis zur Ausbildung bei uns bitten“, so Stefan Malz, Sohn des Gründers Siegfried Malz, Installateur- und Heizungsbaumeister und heutiger Geschäftsführer der Siegmar Malz e.K. in Greiz.

Jede Zeit hat ihr Gutes

Viele Veränderungen im eigenen Berufsfeld durfte Frank Hempel in 48 Jahren erleben. So herrschte in der DDR unter anderem Materialmangel. Viele Teile mussten damals von Hand hergestellt werden. „Heute bedeutet unsere Arbeit, aus fertigen Teilen Installationen zu erstellen“, urteilt der pensionierte Installateur und Klempner. Im Laufe der Jahre wurden aber auch die Fachbereiche Sanitär und Heizung miteinander verschmolzen, das Thema Energiesparen wurde größer und prägt bis heute eine ganze Branche maßgeblich. Das Positive in den Augen von Hempel ist, dass die Heizungstechnik immer vielfältiger wird.

Spezielle Handwerksarbeiten

Frank Hempel ist nicht nur im Hinblick auf seine langjährige Betriebszugehörigkeit eine Ausnahme. Er hat auch eine außergewöhnliche Affinität und ein handwerkliches Geschick im Bereich der Spenglerarbeiten. So gibt es einige individuelle Handwerksarbeiten, die ganze Stadtbilder prägen. „Von der Gottesackerkirche über Stadtkirchen bis hin zum bekannten Greizer Rohrbrunnen, überall durfte ich mich mit meinem Handwerk verewigen.“
Und das tat der 64-jährige sprichwörtlich auch hin und wieder. „In der Kuppel einer Kirche habe ich mal: ‚Erste Arbeit nach der kommunistischen Herrschaft‘ eingearbeitet. Meinen Namen habe ich auch des Öfteren hinterlassen“, meint er mit einem verschmitzten Lächeln. Aber auch gemeinsam mit der Kundschaft hinterließ Hempel Erinnerungen in seinen Werkstücken. Briefe oder dergleichen wurden den Arbeiten beigefügt. Gleichzusetzen einer Zeitkapsel, wie sie oft in Kirchenkuppeln zu finden ist.

Engagement für die Ausbildung

Dass Frank Hempel kein Mann halber Sachen ist, stellt er auch mit seinem Engagement für den Gesellenprüfungsausschuss seit 1991 unter Beweis. Senior-Chef Siegmar Malz schlug ihn einst als Gesellenprüfer vor. „Naja, ich bin nicht so, dass ich eine Sache nur ein oder zwei Jahre mache und dann einfach nicht mehr. Entweder ganz oder gar nicht.“ Der Umgang mit den Auszubildenden war hierbei immer am interessantesten für Frank Hempel. Noch heute grüßen ihn Handwerkerinnen und Handwerker, welchen er die Gesellenprüfung abgenommen hat. „Ich habe ja wirklich viele Gesichter gesehen, so dass ich mich leider nicht an jeden erinnern kann. Für die ehemaligen Prüflinge war das aber natürlich eine besondere Situation, in der sie mich kennengelernt haben. Da merkt man sich mein Gesicht natürlich eher“, so der Prüfer.

Durch sein langjähriges Engagement konnte der Installateur und Klempner noch einmal mehr eine Veränderung im Bereich der Ausbildung feststellen: „Wo wir früher 80 Lehrlinge in einer Prüfung hatten, sind es heute teilweise nur noch ein Bruchteil davon. Aktuell merkt man vor allem, dass Corona war. Oft fehlt den Azubis das Theoriewissen aus der Berufsschule. Die praktische Arbeit ist hingegen kein Problem.“

Und etwas gibt Frank Hempel jungen Menschen noch mit auf den Weg: „Auch ich habe mal Fehler in meiner Arbeit gemacht. Fehler sind menschlich. Das ist kein Weltuntergang, aber man muss zu seinen Fehlern stehen.“



Siegmar Malz e.K.
Individuelle Spenglerarbeiten waren sein Ding. So fertigte er auch die Fische des bekannten Röhrenbrunnens in Greiz an, welcher noch heute zusehen sind.



Zum Eheretter geworden

Lustige Arbeitsgeschichten, an welche man sich noch lange erinnert, erlebt wohl jeder einmal. Dass man als Handwerker aber zum Eheretter wird wohl eher seltener. „Ich wurde einmal gerufen, weil eine Spüle in einem Haushalt kaputt war. Das Ehepaar hatte sich schon zwei Wochen stark gestritten, weil die Frau ihren Ehering verloren hatte. Das Ehepaar hatte aber auch einen diebischen Kanarienvogel, welcher wie sich herausstellte gern herumliegendes Geld hinter die Spüle geschmissen hatte. Das musste ich nämlich feststellen, als ich die Spüle demontierte. Als ich dann auch noch den Ehering hervorholte, war das unwissende Ehepaar überglücklich und ich wurde ungewollt zum Eheretter“, scherzt Hempel.

Menschlicher Umgang wird fehlen

Eine Sache an seinem Arbeitsleben wird dem Klempner besonders fehlen: „In den 48 Jahren hat man viele Kunden kennengelernt. So ist es nicht ungewöhnlich, dass man in den 90er Jahren eine Heizung eingebaut hat und 35 Jahre später wiederkommt, um auf die modernste Technik umzurüsten. Die Menschen haben sich immer gefreut, wenn sie einen nach so langer Zeit wiedergetroffen haben. Dieser Aspekt wird mir tatsächlich sehr fehlen: der Austausch und vertrauliche Umgang mit den Menschen.“

Aber auch sein Chef ist etwas wehmütig. „Es ist außergewöhnlich, dass jemand sein ganzes Arbeitsleben in ein und derselben Firma verbringt.  Frank hat sich nie vor einer Herausforderung gescheut. Die Arbeit mit ihm war immer unkompliziert. Man hat einfach nach so einer langen Zeit ein besonderes Verhältnis miteinander“, so Stefan Malz.

Nach fast einem halben Jahrhundert wird auch Frank Hempel im Hinblick auf seine Firma etwas nostalgisch und lacht: „Ich bin ja schon länger da als mein jetziger Chef. Ich habe ihn und seinen Sohn Severin, welcher mittlerweile ebenfalls Installateur- und Heizungsbaumeister ist, mit ausgebildet. Wir haben so viel zusammen erlebt. Ich bin dankbar für dieses gute Verhältnis, was wir immer hatten. Natürlich lässt sich da auch mit dem Eintritt in die Rente nicht einfach ein Cut machen.“

Für spezielle Handwerksarbeiten möchte Hempel auch in Zukunft mit Rat und Tat zur Verfügung stehen. „Dennoch gehe ich komplett in Rente.“ Helfen möchte er nur, wenn es wirklich irgendwo mal klemmt. „Jeder hat seine Fähig- und Fertigkeiten und ich bin mir sicher, dass sie es auch ohne mich gut meistern werden“, urteilt er positiv über seine zwölf Kollegen.



Titelbild: Stefan Malz (li.) und Sohn Serverin (re.) bedanken sich bei Frank Hempel für seine Arbeit und wünschen ihm alles Gute für den wohlverdienten Ruhestand nach 48 Jahren Betriebszugehörigkeit.