Interview: "Die Entscheidung, welche Rolle Sport im Leben spielt, fällt im Grundschulalter."
Dieter Hoffmann ist Regionalgeschäftsführer der IKK classic in Gera. Wir sprachen mit ihm über die Folgen von Bewegungsmangel im Kindes- und Jugendalter, das IKK-Präventionsprogramm „Die Kleinen stark machen“ und sein Engagement bei der Aktion „Dein Verein - Ostthüringen bewegen“.
Herr Hoffmann, wie haben sich die Bewegungsgewohnheiten von Kindern in den letzten Jahren verändert?
Viel Bewegung in der freien Natur – das, was für Kinder früher eine Selbstverständlichkeit war, wird heute immer seltener. Längst hat sich die Lebenssituation von Heranwachsenden im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung entscheidend verändert. Einen Großteil ihrer Zeit verbringen Kinder und Jugendliche heute in der Kita oder in der Schule. Hier wird gegessen, gemeinsam gespielt oder gelernt. Zusätzlich verändert sich die Freizeitgestaltung hin zu organisierter Aktivität oder zu sitzenden Tätigkeiten vor dem Fernseher, der Spielekonsole oder dem PC. Bewegungsmangel und falsche Ernährungsweise sind die Folge.
Was sind die Folgen von Bewegungsmangel im Kindes- und Jugendalter?
Bewegungsmangel ist Ursache für vielfältige Entwicklungsstörungen. Eine verminderte Leistungsfähigkeit sowohl bei der Ausdauer als auch im muskulären Bereich ist die Folge. Es kommt zu Wahrnehmungs- und Koordinationsschwierigkeiten, Haltungsschwächen oder Verhaltensauffälligkeiten. Dauerhafter Bewegungsmangel mindert die Bewegungssicherheit von Kindern, die Unfallhäufigkeit steigt. 80 Prozent aller Krankheiten in Deutschland werden durch Bewegungsmangel hervorgerufen. Mittlerweile sind 25 Prozent der Kinder übergewichtig und damit später besonders gefährdet für Stoffwechsel, Herz-Kreislauf-, Gelenk- und Gefäßerkrankungen. Ohne körperliche Aktivität wird diese Gruppe größer. Nicht vergessen will ich die psychischen Folgen. Gerade jetzt in der Corona-Pandemie haben die vielen Einschränkungen und die verordnete Inaktivität nicht nur körperliche, sondern auch seelische Folgen hinterlassen. Mit Besorgnis stellen wir eine Zunahme psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen fest. Ihnen fehlt neben der Bewegung auch der soziale Kontakt in der Gruppe.
Was tut die IKK classic gegen diesen Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen?
Die IKK classic engagiert sich bereits seit vielen Jahren für die Prävention und Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen. Wir sind der Meinung, dass Gesundheitsförderung bereits so früh wie möglich ansetzen muss, um gesunde Verhaltensweisen auf Dauer in den Alltag von Kindern zu integrieren. Mit unserem Präventionsprogramm „Die Kleinen stark machen. Gemeinsam für eine gesunde Zukunft.“ versuchen wir genau das – Kinder, Erzieherinnen und Erzieher sowie Eltern für ausreichend Bewegung und gesunde Ernährung im Kindesalter zu sensibilisieren. Was sich genau hinter dem Programm verbirgt, wird auf der programmeigenen Website www.ikk-classic.de/diekleinenstarkmachen genau erklärt.
Aus unserer langjährigen Erfahrung wissen wir, dass viele Kitas und Grundschulen großartige Ideen und Projekte haben, um die Gesundheit ihrer Kinder in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Entspannung langfristig positiv zu beeinflussen. Als Krankenkasse fördern wir solche gesundheitsbezogenen Vorhaben. Allein im letzten Jahr haben wir in Ostthüringen Bewegungsprojekte in drei Grundschulen mit jeweils knapp 3000 Euro unterstützt. Einrichtungen sollten deshalb die Möglichkeit nutzen und uns ihre Gesundheitsprojekte vorstellen.
Im Rahmen unseres Bonusprogramms belohnen wir Sport und Bewegung schon bei Kindern und Jugendlichen. Eine Mitgliedschaft im Sportverein oder im Fitnessstudio, die Teilnahme an Gesundheitskursen oder Gemeinschaftssportaktivitäten im Freien sind bei uns bares Geld wert. Mehr zum IKK Bonus gibt es hier: www.ikk-classic.de/bonus.
Herr Hoffmann, warum unterstützt die IKK classic die Vereinsaktion des Ostthüringer Handwerks?
Neue Studien besagen, dass im Alter zwischen sechs und acht Jahren meist die Entscheidung fällt, inwieweit Sport im weiteren Leben eine Rolle spielt. Hier setzt der organisierte Vereinssport an, der in der Coronapandemie mit massiven Einschränkungen konfrontiert war. Vereine haben teilweise ganze Jahrgänge verloren, überall fehlt der Nachwuchs. Jetzt ist es an der Zeit, dem Vereinssport wieder die Bedeutung zu geben, die er vor der Pandemie hatte. Denn neben Elternhaus und Bildungseinrichtung haben vor allem auch Sportvereine einen großen Einfluss auf die Gesundheitsvorsorge von Heranwachsenden. Das Training in einem Sportverein gibt dem Alltag eine Struktur. Kinder und Jugendliche sind Teil einer sozialen Gruppe, lernen sich an Regeln zu halten und mit Sieg und Niederlage umzugehen. Soziale Werte, von denen sie im späteren Leben profitieren werden. Die Aktion „Dein Verein. Ostthüringen bewegen“ bietet Vereinen eine ideale Gelegenheit, sich auf einer öffentlichkeitswirksamen Plattform vorzustellen und hoffentlich neue Mitglieder zu finden. Sowas unterstützen wir gern.
Eine abschließende Frage: Was können Eltern zu Hause tun, um mehr Bewegung in den Alltag ihrer Kinder zu bringen?
Kurze Wege, wie zum Beispiel in den Kindergarten, in die Schule oder zum Einkaufen zu Fuß oder mit dem Laufrad bzw. Fahrrad erledigen. Natürliche Bewegungsräume bewusst aufsuchen und nutzen – etwa durch einen Waldspaziergang, ein Picknick im Freien oder einen Ausflug zum Drachen steigen lassen. Jedes Kind sollte sich täglich mindestens 30 Minuten an der frischen Luft bewegen, egal bei welchem Wetter. Und natürlich das Ausprobieren verschiedener Sportarten in organisierten Vereinen.
Herr Hoffmann, vielen Dank für das Gespräch.