Rasant steigende Rohstoffpreise bringen Bauhandwerk in Schieflage
(30.04.2021) In Betrieben des Bau- und Ausbauhandwerks droht in den kommenden Wochen massive Gefahr durch rasant steigende Rohstoff- und Materialpreise sowie durch Lieferengpässe. Davor warnt Wolfgang Jacob, Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen.
Egal ob Holz, Aluminium, Kupfer, Eisen, Farbe oder Dämmstoffe – die Preise haben Rekordniveau erreicht. So sind beispielsweise die Preise für Holz auf dem Weltmarkt um knapp 350 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen. Allein im vergangenen Monat betrug der Preisanstieg knapp 50 Prozent. Auch die Preise für beispielsweise Eisenerz (plus 110 Prozent), Kupfer (plus 90 Prozent) oder Aluminium (plus 60 Prozent) haben binnen 12 Monaten drastisch angezogen.
„Die Auftragsbücher unserer Baubetriebe sind voll. Allerdings fehlt es an Material, um die Arbeiten ausführen zu können“, so Wolfgang Jacob. „Dadurch kommen Bauprojekte mehr und mehr ins Stocken. Das wiederum führt zu einem Dominoeffekt für andere Gewerke, die eventuell nachfolgende Arbeiten nicht ausführen können. Zudem drohen mögliche Konventionalstrafen bei nicht fristgerechter Fertigstellung.
Zudem lassen sich Arbeiten mit den derzeitigen exorbitant hohen Rohstoffpreisen nicht rentabel erbringen. Oftmals wurden Verträge vor vielen Monaten abgeschlossen, als die Rohstoffpreise deutlich niedriger waren. Viele Handwerker bleiben auf ihren Kosten sitzen oder haben Auftragsausfälle. „Das ist besonders in der jetzigen Zeit, in der die Kapitaldecke unserer Betriebe ohnehin dünn ist, mehr als kritisch“, sieht der Kammerpräsident die Erholung der Wirtschaft in Gefahr. Schon jetzt müssen Betriebe der Baubranche vermehrt Beschäftigte in Kurzarbeit schicken.
Wolfgang Jacob sieht hier auch die Politik in der Pflicht, obgleich die freie Marktwirtschaft durch ihn nicht in Abrede gestellt wird. So können die Politik aus seiner Sicht beispielsweise bei Förderprogrammen gegensteuern. „KfW-Förderprogramme beispielsweise zur energetischen Gebäudesanierung müssen schnellstmöglich an das derzeit herrschende Preisniveau angepasst werden. Ansonsten lohnt sich eine geförderte Sanierung gar nicht mehr“, so Wolfgang Jacob.
Gleichzeit empfiehlt er den Betrieben, ihre Vertragsklauseln entsprechend anzupassen. So könnten zum Beispiel bei größeren Projekten der öffentlichen Hand, die sich über mehrere Jahre hinziehen, entsprechende sogenannte Gleitpreisklauseln eingefügt werden. Das bedeutet, dass in den Verträgen die Preisfestsetzung entweder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben oder spätere Änderungen des vereinbarten Preises vorbehalten sind.
Bei kleineren Projekten sollten Angebote befristet oder sie zumindest mit einem Preissteigerungsvorbehalt versehen werden. Diese Möglichkeit nutzen bereits viele Handwerksunternehmen. Gleichzeitig müssten Betriebe versuchen, sich nach Möglichkeit die angefragten Einkaufspreise bei Großhandel oder Lieferanten für die Laufzeit des jeweiligen Projekts zusichern zu lassen.
All dies kann aus Sicht des Kammerpräsidenten Wolfgang Jacob aber keine Dauerlösung sein. „Wollen wir nach den massiven Auswirkungen der Coronakrise in vielen Branchen des Handwerks nicht auch noch das Bauhandwerk in eine Abwärtsspirale reißen, braucht es jetzt ein klares Gegensteuern. Da sind unsere Handwerkerinnen und Handwerker auf Hilfe der politischen Entscheider angewiesen“, so sein dringender Appell.
Die Thüringer Handwerkskammern haben hier bereits erste Gespräche mit dem Thüringer Wirtschaftsministerium geführt. „Von dort erhielten wir positive Signale, diese Problematik auf Bundesebene als vordringlich einzubringen“, so Wolfgang Jacob. Vor allem vor dem Hintergrund, dass derzeit die Rohstoffmärkte von den USA und China leergekauft werden, wird seitens der Handwerkskammern eine befristete Exportbeschränkung von benötigten Rohstoffen vorgeschlagen. „Gleichzeitig sollte die Bundesregierung auch über die deutliche Anhebung von Exportzöllen auf die entsprechenden Rohstoffe nachdenken, um die einheimischen Handwerksunternehmen zu unterstützen“, macht der Kammerpräsident abschließend deutlich.