Vollversammlung: Handwerk sorgt sich um Fachkräfte und Gebietsreform
(08.05.2017) Die Sorge des Handwerks um künftige Fachkräfte, fehlende Betriebsnachfolger und nicht zuletzt die Gebietsreform stand im Fokus der jüngsten Vollversammlung der Handwerkskammer für Ostthüringen.
Klaus Nützel Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen ging zu Beginn seines Berichtes über die Arbeit der Hauptverwaltung auf die Frühjahrsumfrage unter den Ostthüringer Handwerksunternehmen ein. Dabei konnte er eine überaus positive Bilanz ziehen. 86 Prozent der Betriebe schätzen ihre derzeitige Lage als gut oder befriedigend ein – nur ein Prozentpunkt unter dem Rekordniveau des Jahres 2012. Eine spürbar verbesserte Betriebsauslastung, gestiegene Investitionen und sehr gute Umsatzwerte wirken sich auch positiv auf Neueinstellungen in den Unternehmen aus. Doch gerade hier haben viele Betriebe Probleme, geeignete Fachkräfte oder aber künftigen Handwerkernachwuchs zu finden.
Das Azubi-Ticket muss endlich kommen
Zwar sei die Zahl neu abgeschlossener Lehrverträge im vergangenen Jahr um 7,5 Prozent auf insgesamt 712 gestiegen. Doch dies reicht bei weitem nicht aus, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern – immerhin werden pro Jahr im Ostthüringer Handwerk rund 1.000 neue Azubis gebraucht. Deshalb ist es beispielsweise auch so wichtig, entsprechende Anreize auch seitens der Politik zu schaffen. „Das Azubi-Ticket analog dem Semesterticket muss schnellstmöglich her, um die jungen Azubis im Handwerk zumindest etwas mit den Studenten und ihrem Semesterticket gleichzustellen“, so Klaus Nützel.
Meisterprämie als Wertschätzung für Beste
Positiv sieht er die Einführung einer Meisterprämie in Thüringen für die Besten eines jeden Gewerkes, auch wenn das eigentliche Ziel – eine Meisterprämie für alle erfolgreichen Absolventen – nicht erreicht werden konnte. In diesem Zusammenhang wies Oberregierungsrat Dr. Reiner Holzem vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft als Aufsichtsbehörde darauf hin, dass dies nicht möglich gewesen sei. Vielmehr habe der Bund den Darlehenserlass beim Meister-Bafög nach erfolgreich absolvierter Fortbildung deutlich angehoben, was bereits einer Förderung entspricht. Ein nochmaliger Bonus für alle Meisterabsolventen wäre einer Doppelförderung gleichgekommen. Deshalb sei die jetzige Meisterprämie eine deutliche Wertschätzung gegenüber den besten Leistungen. Nun erhalten am 14. Juni im Rahmen des Thüringer Handwerkstages in Gera die besten Absolventen erstmalig diese Prämie.
In punkto Meisterbrief äußerte Klaus Nützel auch deutliche Kritik an der EU, die immer wieder versuche, den Meisterbrief in Deutschland aufzuweichen oder gar abzuschaffen. „Dies muss mit allen Mitteln verhindert werden“, machte er unter dem Applaus der Vollversammlungsmitglieder deutlich.
Gebietsreform sorgt für Verunsicherung
Aber auch die geplante Gebietsreform war Thema in der Diskussion der Vollversammlungsmitglieder. „Es herrscht eine große Verunsicherung der Betriebe“, wusste Vollversammlungsmitglied Rolf Fischer zu berichten. Besonders die Befürchtung, dass mit den möglichen Großkreisen viele Innungsmitglieder die neuen Strukturen nicht mittragen und damit auch das Ehrenamt im Handwerk eine deutliche Schwächung erfährt, treibt die Handwerker um.
Kammerpräsident Klaus Nützel versicherte, dass die Handwerkskammer für Ostthüringer Handwerksunternehmen, die Innungen und die Kreishandwerkerschaften auf dem Weg von möglichen Neustrukturierungen unterstützen werde. „Doch erst einmal müssen seitens des Gesetzgebers klare Fakten auf den Tisch“, so der Kammerpräsident. Wichtig sei es, dass die regionalen Planungsstrukturen erhalten bleiben. Doch eine Diskussion in der jetzigen Zeit ohne eine vorliegende gesetzliche Regelung sei wenig zielführend.
Damit die Arbeit der Handwerkskammer auch in den kommenden Monaten erfolgreich fortgeführt werden kann und auf einem soliden Fundament steht, gab es nach der Diskussion eine ganze Reihe von Beschlüssen auf der Tagesordnung. So beispielsweise Änderungen der Haushalts- und Kassenordnung, des Gebühren- und Entgeltverzeichnisses, die Beitragserhebung 2018 sowie Beschlüsse der Berufsausbildung, die die Vollversammlungsmitglieder allesamt einstimmig fassten.