Vollversammlung: Politikschelte und Zukunftsthemen auf der Agenda
Die momentane wirtschaftliche Situation in Deutschland und damit auch in Ostthüringen sowie die Zukunftsperspektiven des Ostthüringer Handwerks waren die Hauptthemen zur jüngsten Vollversammlung der Handwerkskammer für Ostthüringen.
In seinem Bericht ging Kammerpräsident Wolfgang Jacob detailliert auf diese Themen und die weiteren Herausforderungen der Handwerkerinnen und Handwerker in Ostthüringen ein.
Mit Blick auf das vernichtende Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass die Umschichtung von Finanzmitteln aus dem Fonds der Coronakrise in den sogenannten Klima- und Transformationsfonds für verfassungswidrig erklärte, fand er deutliche Worte. „Es ist für die jetzige Bundesregierung ein wirtschaftspolitischer Offenbarungseid – ein wahres Fiasko. Die Leidtragenden sind nun neben den privaten Verbrauchern vor allem auch ein Teil unserer Handwerksunternehmen“, so Wolfgang Jacob.
Arbeit statt sozialer Hängematte
Insbesondere drei Punkte fanden in seinem Bericht Erwähnung: das Bürgergeld, die Energiekosten und die Bürokratie.
Der Satz „Arbeit muss sich lohnen!“ wird mit dem Bürgergeld und vor allem seiner Höhe aus seiner Sicht ad absurdum geführt. Für einige Ostthüringer Handwerksunternehmen hat dies jetzt schon massive Auswirkungen. Sie erhalten die Kündigung von Arbeitnehmern, die sich lieber auf der „sozialen Hängematte Bürgergeld“ ausruhen wollen. Forderungen einiger Politiker, dass die Arbeitgeber dann doch einfach die Löhne erhöhen müssen, um den Lohnabstand zu wahren, entgegnet der Kammerpräsident: „Kommen Sie doch einfach einmal für eine Woche zu einem Praktikum in unsere Handwerksbetriebe, um zu sehen, wie Wirtschaft wirklich funktioniert.“ Das Bürgergeld gehört aus seiner Sicht in der jetzigen Form und Höhe abgeschafft.
Stromsteuerabsenkung für Alle
In punkto Energiekosten ist seit Anfang 2022 ein massiver Anstieg zu sehen. Hier hat die Handwerkskammer schon im März 2022 ein Aussetzen der Energiesteuer gefordert. In zwei Regionalforen mit Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee haben die Handwerkerinnen und Handwerker auf die nicht hinnehmbare Situation hingewiesen.
Mittlerweile ist die Bundespolitik ein Stück weit aufgewacht und beabsichtigt die Absenkung der Stromsteuer. „Das reicht jedoch bei weitem nicht aus, da eine ganze Reihe unserer Handwerksunternehmen nicht berücksichtigt sind. Deshalb unsere Forderung: Die jetzt angekündigte Absenkung der Stromsteuer muss für alle Handwerksunternehmen gelten“, so Wolfgang Jacob.
Bürokratie lähmt Aufschwung
Ebenso deutlich Kritik gibt es an den immer weiter ausufernden bürokratischen Belastungen. Wenn in manchen Betrieben 30 Prozent und mehr der Arbeitszeit mit bürokratischen Aufgaben ausgefüllt sind, ist wirtschaftliches Wachstum undenkbar. „Wir im Handwerk verdienen aber unser Geld und das unserer Beschäftigten mit täglicher Arbeit und nicht mit Formularen“, macht Wolfgang Jacob klar. „Die Politik muss endlich raus aus ihrem Wohlfühlmodus und einmal den Bürokratie-Irrsinn anpacken.“
Die Handwerkskammer versucht in öffentlichen Debatten immer wieder auf die Missstände hinzuweisen. Das Handwerk selbst unternimmt ebenso schon seit vielen Jahren alles, um dem Handwerk den Platz in der Öffentlichkeit zu geben, der ihm gebührt.
Kampagne auch nach 2024
Dazu gehört seit dem Jahr 2010 auch die Imagekampagne des Deutschen Handwerks. Diese Kampagne zeigt Erfolge, wie verschiedene Umfragen zeigen. Daran soll jetzt angeknüpft und diese Kampagne über das Jahr 2024 fortgesetzt werden. Hierzu fasste die Vollversammlung den entsprechenden richtungsweisenden Beschluss.
Diese Kampagne ist auch von enormer Bedeutung, wenn es um die Gewinnung und Sicherung des Fachkräftenachwuchses im Ostthüringer Handwerk geht. Dabei unterstützt die Handwerkskammer die Mitgliedsunternehmen mit vielen Aktionen – sei es mit dem Ausbildungsevent in Gera-Aga, Präsentationen auf Bildungsmessen, mit Sportmarketing und damit einhergehenden Kooperationen mit Sportvereinen.
Begeisterung der Jugend wecken
Im Mittelpunkt stand dabei in diesem Jahr ein gemeinsames Projekt der drei Thüringer Handwerkskammern, dass dank der finanziellen Förderung des Freistaates Thüringen umgesetzt werden konnte. Im Rahmen der neuen Ausbildungskampagne „Getestet auf zukunftssicher!“ werden zahlreiche Aktionen an Regelschulen, Förderschulen, Gymnasien und Berufsschulen durchgeführt. Welches Equipment dabei genutzt wird, davon konnten sich die Vollversammlungsmitglieder überzeugen. Egal ob Tablets mit speziellen Programmen zur Farb- und Raumgestaltung, Materialien für Optik-Experimente, elektronische Experimente, Holzbausätze oder Ausstattung für Einblicke in das Friseurhandwerk – die Vollversammlungsmitglieder waren begeistert, welch technische Möglichkeiten zum Einsatz kommen.
Schließlich ging Kammerpräsident Wolfgang Jacob auch noch einmal auf die Bestrebungen der Handwerkskammer ein, Maßnahmen der Qualifizierung und Fortbildung im Ostthüringer Handwerk mit entsprechenden Angeboten weiter zu forcieren. Hierfür gibt es seit Mitte des Jahres einen Bildungsmanager und Referenten für Bildungsmarketing, der ganz gezielt entsprechende Angebote sowohl für die Meisterfortbildung als auch für andere fachspezifische Weiterbildungen, wie beispielsweise zum Thema „Wärmepumpen“ entwickelt.
Blick ins Superwahljahr 2024
Mit Blick auf das Superwahljahr 2024 mit Kommunalwahlen, Europawahl und Landtagswahl gibt es auch weiterhin viel zu tun, um Verbesserungen für die Handwerksunternehmen zu erreichen. „Wir werden ganz genau darauf achten, dass das, was vor der Wahl versprochen wurde, danach auch eingehalten und umgesetzt wird. Worten Taten folgen lassen – diese Maxime muss dann endlich auch für die Politik gelten.“ Die Vollversammlung hat hierfür mit ihren Beschlüssen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen.
Juliane Geske, Sachgebietsleiterin Nachwuchssicherung in der Handwerkskammer für Ostthüringen, präsentierte unter anderem den Vollversammlungsmitgliedern Thomas Jüttner (li.), Rolf Fischer (2.v.r.) und Udo Ritter das umfangreiche Equipment, mit dem die Handwerkskammer bei ihren Schulbesuchen Begeisterung unter den Jugendlichen für das Handwerk wecken möchte.