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Es ist 5 nach 12: Landtagswahl wegweisend für die WirtschaftAlarmsignale aus dem Ostthüringer Handwerk

Gerade vor der Landtagswahl erreichen die Handwerkskammer für Ostthüringen vermehrt Stimmungsberichte von Handwerksunternehmen, die ihre wirtschaftliche Existenz akut bedroht sehen.

Jüngstes Beispiel ist eine E-Mail von Michael Bielert, Geschäftsführer der Stadtmühlenbäckerei Bielert GmbH in Bad Blankenburg, der vor dem drohenden Kollaps in seinem Unternehmen warnt. Mehr als 600 Jahre reicht die Tradition der Stadtmühlenbäckerei zurück. Doch die jetzige Situation im Land stellt für Michael Bielert viele Ereignisse der letzten Jahrhunderte in den Schatten.

Weckruf von Handwerksunternehmer

„Bis jetzt haben wir es trotz fehlender Arbeitskräfte geschafft, mit dem Einsatz von Inhaberfamilie und den verbliebenen Angestellten die Öffnungszeiten unserer Bäckereifachgeschäfte so einigermaßen aufrecht zu erhalten. Das wird, wenn nicht ein Wunder passiert, in den nächsten Wochen nicht mehr möglich sein. Dann geht es uns genauso wie vielen anderen Kollegen“, so der Bäckerei-Chef in seinem Schreiben, das die Handwerkskammer mit Zustimmung von Michael Bielert an alle zur Wahl stehenden Parteien als Weckruf versandt hat.

„Wo bleibt bei dieser Thematik die Logik, dass wir einerseits in allen Bereichen der Gesellschaft händeringend Arbeitskräfte suchen (es müssen ja manchmal gar keine Fachkräfte sein), auf der anderen Seite Millionen von Leuten fürs Nichtstun bezahlen und auch immer noch zuschauen müssen, wie das Bürgergeld immer weiter erhöht wird, so dass sich Arbeiten für viele Leute nicht mehr lohnt. Aber das Problem betrifft ja nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Krankenhäuser, Kindergärten, Polizei, Pflege u.v.m.. Wann hört dieser Wahnsinn auf?“, fragt er.

Das Maß ist voll

„So wie Herrn Bielert geht es dem Gros unserer Handwerksunternehmerinnen und –unternehmen. Es ist mittlerweile ein Maß an Bürokratie, Kostensteigerungen und Fachkräftemangel erreicht, der viele Handwerksunternehmen vor die Überlegung stellt, für immer zu schließen“, stellt sich Kammerpräsident Wolfgang Jacob hinter die Meinungen der Handwerkerinnen und Handwerker. „Die jetzt bevorstehende Landtagswahl wird sicherlich viele Sorgen und Nöte der Handwerkerinnen und Handwerker im Wahlergebnis widerspiegeln“, warnt er.

Für die Handwerksunternehmen und viele andere Branchen steht nicht mehr die Arbeit im Mittelpunkt, sondern von der Politik über Monate und Jahre verursachte Probleme. „Wir fahren unsere Betriebe vor die Wand, weil wir nur noch im heute und jetzt arbeiten, aber keine Zeit mehr für die strategische Entwicklung unserer Unternehmen haben“, so Michael Bielert. „Unsere ganze Gesellschaft ist nur noch darauf ausgerichtet, soziale Geschenke zu verteilen. Und die Geschenke werden immer mehr. Im Gegenzug werden wichtige Aufgaben von der Politik bei der Finanzplanung seit Jahren unter den Teppich gekehrt. Denken wir einfach nur mal an unsere Verkehrsinfrastruktur, die kurz vor dem Kollaps steht. Die Politik bietet aber keine Lösungen an, die die Zukunft Deutschlands sichern.“

Für den Chef einer der traditionsreichsten Bäckereien in Ostthüringen ist das Limit längst überschritten. „Nach über 30 Jahren in der Geschäftsführung unseres Unternehmens habe ich keine Lust zu sehen, wie einfach alles „den Bach runter“ geht. Wir können uns unsere Sozialpolitik in der jetzigen Form nicht mehr leisten. Das Geld ist alle.“

Sach- statt Parteipolitik

„Wir möchten mit diesem Brandbrief noch einmal auf die prekäre Situation bei unseren Mitgliedsunternehmen aufmerksam machen“, so Kammerpräsident Jacob. Deshalb ist dieser Brandbrief auch an alle zur Wahl stehenden Partien versandt worden.

Es sei jetzt endlich an der Zeit, den vielen schönen Worten seitens der Politik in den vergangenen Monaten auch Taten folgen zu lassen. Die Handwerkskammer für Ostthüringen habe immer wieder versucht, den Dialog mit Politikern verschiedener Parteien zu suchen, um gemeinsam Lösungen zu finden. Dabei muss endlich wirtschaftliches und nicht parteipolitisches Denken im Fokus stehen. Es geht um den Erhalt der handwerklichen Strukturen im Freistaat Thüringen.

Jetzt gilt es, insbesondere im Interesse der rund 44.000 Handwerkerinnen und Handwerker in Ostthüringen, wirtschaftspolitische Fortschritte zu erzielen. „Es ist bereits 5 nach 12. Ein Aufschub kann seitens des Ostthüringer Handwerks nicht mehr hingenommen werden. Deshalb ist uns jeder politische Entscheider willkommen, der etwas für das Handwerk als Motor des Mittelstandes in Thüringen bewegen möchte“, macht Wolfgang Jacob deutlich.

„Es ist jetzt Zeit, zu machen! Deshalb müssen Sachthemen und nicht parteipolitische Grabenkämpfe nach der Wahl im Fokus stehen. Wir brauchen keine Brandmauern, sondern eine Landespolitik, die sich an den drängendsten Problemen aller Thüringerinnen und Thüringer orientiert“, so Jacob. Sein Appell: „Setzen Sie sich nach der Wahl endlich alle zusammen, um das Beste für den Freistaat zu erreichen. Das Ostthüringer Handwerk ist dazu bereit, seinen konstruktive Beitrag zu leisten, wenn wirkliche Verbesserungen erzielt werden sollen.“