Betriebsnachfolge
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Umfrage unter Ostthüringer Handwerksunternehmen zeigt Handliungsbedarf Deutliche Alarmsignale für Betriebsnachfolge

Für die Ostthüringer Handwerksunternehmen, die in den kommenden Jahren einen Nachfolger suchen, ist vor allem die derzeitige gesamtwirtschaftliche Situation ein großes Hemmnis. Aber auch weitere Faktoren spielen eine Rolle. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Handwerkskammer für Ostthüringen unter ihren Mitgliedsbetrieben hervor.

Zirka 30 Prozent der Betriebsinhaber in den rund 9.300 Ostthüringer Handwerksunternehmen sind 55 Jahre. Damit suchen im Laufe der nächsten zehn Jahre immerhin etwa 2.800 Betriebe einen Nachfolger.

Schließung für immer

Ein Warnzeichen ist die Tatsache, dass fast jeder 4. der befragten Handwerksunternehmer angab, eine komplette Schließung in Erwägung zu ziehen. „Das würde bedeuten, dass uns in Ostthüringen mit Sicherheit in den kommenden zehn Jahren mehr als 500 Betriebe verloren gehen“, so Karsten Sachse, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Ostthüringen. „Was dies für die handwerklichen Strukturen in den Regionen bedeutet, kann sich jeder ausmalen. Es würde zu einem deutlichen Verlust von Lebensqualität, insbesondere im ländlichen Raum kommen.“

Immerhin drei Viertel dieser Betriebe entscheiden sich für die Schließung, da sie keinen Nachfolger finden. 16 Prozent nennen einen zu geringen Unternehmenswert und 15 Prozent die unattraktiven Standortbedingungen als Gründe für eine Schließung.

Von den Handwerksunternehmen, die eine Nachfolge anstreben, haben rund 50 Prozent mit den Vorbereitungen bereits begonnen. Bei diesen Betrieben gibt es auch schon klare Vorstellungen, wer den Betrieb einmal übernehmen soll. Bei 63 Prozent der Befragten sind es Familienmitglieder, bei 13 Prozent ein externer Übernehmer sowie bei 12 Prozent einer oder mehrere Mitarbeiter.

Angebote der Kammer nutzen

Falls Unternehmen noch keinen Nachfolger gefunden haben, wollen sie überwiegend die Angebote der Handwerkskammer nutzen, wie beispielsweise entsprechende Beratungen (49 Prozent), die Nachfolgebörse der Handwerkskammer (31 Prozent) oder die bundesweite Unternehmensbörse „nexxt-change“ (36 Prozent). 27 Prozent sprechen direkt Mitarbeiter aus ihren Unternehmen an, während 32 Prozent den Kontakt zu Betrieben anderer Branchen suchen. Hier waren Mehrfachnennungen möglich.

Entscheidend ist es, im Vorfeld den Wert des eigenen Unternehmens ermitteln zu lassen. Dies haben allerdings fast zwei Drittel der befragten Inhaber noch nicht getan. 14 Prozent nutzten hierfür die oftmals kostenfreien Angebote der Handwerkskammer, elf Prozent die des Steuerberaters und zehn Prozent einen Unternehmensberater.

Bei allen Problemen, die die derzeitigen Handwerksunternehmer, die eine Übergabe planen, haben, so darf ein wichtiger Aspekt bei der Nachfolge nicht außeracht gelassen werden. Die Übernahme steht und fällt mit einem potentiellen Nachfolger. Hier zeichnet sich aber schon seit geraumer Zeit ab, dass immer mehr potentielle Nachfolger vor dem Schritt in die Selbstständigkeit zurückschrecken. „Wir haben viele Gründungwillige oder Handwerker, die sich die Übernahme eines bestehenden Handwerksbetriebes vorstellen können. Doch diese schrecken zurück ob der viele Hürden und Steine, die ihnen in den Weg gelegt werden“, erläutert Karsten Sachse. Nicht ohne Grund wird bei 58 Prozent der Befragten die wirtschaftliche Gesamtsituation in Deutschland als Hemmnis für die Selbstständigkeit genannt. 33 Prozent führen die steuerlichen Belastungen wie Ertrags- und Erbschaftssteuer ins Feld. Aber auch in die bestehenden bürokratischen Anforderungen an das Unternehmertum in Deutschland werden von vielen als Ursache ins Feld geführt.

Unternehmertum endlich fördern

„Es fehlt uns sowohl in Ostthüringen als auch in ganz Deutschland nicht an motivierten Handwerkerinnen und Handwerkern, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen würden. Vielmehr schrecken die ausufernde Bürokratie, die unsichere wirtschaftliche Lage und die immer weiter ausufernden steuerlichen Belastungen ab“, mahnt Karsten Sachse endlich ein Umdenken in der Politik an. „Wenn hier nicht bald entsprechenden Entlastungen durch einen deutlichen Abbau der Bürokratie, der steuerlichen Belastungen sowie der Kosten für Energie und Rohstoffe erfolgt, droht uns wirklich ein Wegbruch handwerklicher Strukturen in einem noch nicht dagewesenen Ausmaß. Hier erwarten wir endlich klare Anreize, damit sich Unternehmertum endlich wieder lohnt.“