Die Mutmacher: So meistern Ostthüringer Handwerker die Corona-Krise

(08.04.2020) Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben das Ostthüringer Handwerk in großen Teilen mit voller Wucht getroffen. Friseur- und Kosmetiksalons mussten ab dem 20. März für viele Wochen schließen. Das Nahrungsmittelhandwerk hat Umsatzeinbrüche insbesondere durch weggefallene Catering- und Lieferaufträge. Aber auch alle andere Gewerke haben mit Auftragsstornierungen, der Nichtbelieferung mit Material oder mit rückläufiger Kundenfrequenz zu kämpfen.

Trotz aller Probleme wollen wir an dieser Stelle ein wenig Mut machen. Viele Handwerkerinnen und Handwerker haben in den zurückliegenden Wochen versucht, aus der Not eine Tugend zu machen, um sowohl zur Gesundheitsfürsorge gegenüber ihren Mitarbeitern beizutragen als auch weiterhin für Einnahmen zu sorgen. Deshalb nachfolgend einige Beispiele, die allen Handwerkerinnen und Handwerkern in der für alle schwierigen Zeit Hilfestellung und Mutmacher zugleich sein sollen.

Das Handwerk hält zusammen
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Lieferservice frei Haus

Für viele Fleischer ist das Cateringgeschäft von einem Tag auf den anderen weggebrochen. Zudem meiden viele ältere Menschen den Kontakt mit anderen Personen und kommen damit auch seltener in die Filialen. Fleischermeister René Wohlgezogen aus Rutha bietet deshalb seit dem 30. März einen Lieferservice an. Alle Fleisch- und Wurstwaren werden in einem Umkreis von 15 km von Montag bis Freitag ausgeliefert. „Der Lieferservice kommt gut an. Vor allem ältere Menschen profitieren davon“ so René Wohlgezogen.  Aber auch Paketversand ist deutschlandweit möglich. Vor allem Konserven sind hier gefragt. Nichtsdestotrotz hat die Fleischerei mit ihren 21 Mitarbeitern auch ihre zwei Filialen weiter geöffnet – natürlich mit verstärkten Hygienemaßnahmen.

Gesichtsmasken statt Kleider

In der Änderungsschneiderei von Lisa Lenz in Gera gingen die Aufträge um zwei Drittel zurück. Deswegen und weil in der derzeitigen Situation ein Mangel an Gesichtsmasken in Deutschland herrscht, hatte sie den Entschluss gefasst, selbst diese Masken zu nähen. Die Idee kam ihr, als sie im Fernsehen die slowakische Präsidentin Zuzana Capitová bei der Regierungsvereidigung mit einem roten Mundschutz passend zum roten Kleid sah. Jetzt ist Lisa Lenz den ganzen Tag mit dem Nähen von Gesichtsmasken beschäftigt und bekommt viele Anfragen. Doch nicht nur das: sie war auch eine der Ersten, die mit einer Nähanleitung an die Öffentlichkeit ging und in der Ostthüringer Zeitung die Anleitung für Jedermann publik machte. „Ich habe das Gefühl, etwas Gutes zu tun“, so Lisa Lenz. So wie sie, sind derzeit viele Maßschneider damit beschäftigt, für ausreichend Nachschub an Gesichtsmasken zu sorgen.

Bauen unter freiem Himmel

Maurermeister Ralf Kirst aus Gera kann sich noch freuen. Für ihn zeigen sich kaum Auswirkungen durch die Coronakrise. Der Betrieb von Ralf Kirst baut und saniert momentan überwiegend Neubauten. „Dennoch ist Improvisieren während der Krise sehr wichtig“, so der Maurermeister. Normalerweise hat sein Betrieb auch viele Aufträge in bewohnten Wohnungen. Hier gibt es schon einen Auftragsrückgang, da die Menschen persönlichen Kontakt vermeiden wollen, aus Angst, sich zu infizieren. „Dafür gibt es jetzt für uns mehr Arbeit auf Baustellen im Freien oder in unbewohnten Gebäuden.

Sicherheit in Kfz-Werkstatt

Im Bosch Car Service in Weida wird Sicherheit in Coronazeiten ebenfalls großgeschrieben, wie Kfz-Meister Bernd Schleicher berichtet. So wurden Sicherheitsvorkehrungen für Service und Reparaturarbeiten an Kundenfahrzeugen getroffen. Es werden beispielsweise Lenkrad-, Handbremsen- und Schaltschoner eingesetzt, damit die Mitarbeiter nicht in Berührung mit potentiellen Viren kommen. Die Fahrzeuge werden vor und nach den Arbeiten desinfiziert. Zudem dürfen Kunden nur einzeln ins Geschäft eintreten. Insgesamt verzeichnet der Bosch Car Service schon weniger Aufträge. Dennoch bleibt Bernd Schleicher weiter positiv eingestellt. „Wir müssen alle gemeinsam das Beste aus der aktuellen Situation machen, denn auch die Coronakrise geht irgendwann vorüber.“

Schleusen und Teamtrennung

Für Bäckermeister Michael Möbius aus Gera hat die momentane Situation natürlich auch Auswirkungen auf den Umsatz.  Torten werden kaum noch gekauft, da keine größeren Feierlichkeiten mehr stattfinden. Auch das Catering-Geschäft läuft mehr als schlecht. Ebenso brach in der Bäckerei die Belieferung eines Hotels komplett weg. Wichtig ist für Michael Möbius, dass die Produktion weiterläuft und die Mitarbeiter geschützt werden. So hat er das Schichtsystem gänzlich umgestellt. Bäcker und Konditoren wurden in zwei Teams aufgeteilt, die sich nicht begegnen. Die Idee dahinter: Im Falle einer Infektion fällt nur ein Team aus und das andere Team kann weiterarbeiten, so dass die Versorgung der Kunden mit Backwaren weiter gewährleistet ist. Auch die Verkäuferinnen in den Filialen arbeiten jetzt durchgehend von früh bis abend, haben dafür einen Tag frei und somit keinen Kontakt zu anderen Verkäuferinnen.

Zudem wurde in der Backstube eine Warenschleuse eingerichtet. So haben die Bäcker und Konditoren keinen Kontakt zu Verkäuferinnen oder Lieferanten. Selbstverständlich ist für Michael Möbius, dass in den Filialen verstärkte Hygienemaßnahmen getroffen wurden.

Würde und Pietät wahren

Für Bestatter Sven Heisig aus Greiz steht bei allen Problemen die Würde und Pietät bei Bestattungen und dem Umgang mit Trauernden an erster Stelle. „Auch wenn in der jetzigen Zeit die Umarmung oder der feste Händedruck für die Hinterbliebenen nicht möglich sind, so wollen wir ihnen das Gefühl geben, in dieser schweren Stunde nicht allein zu sein“, so Sven Heisig. „Es ist das Allerwichtigste, den Angehörigen nicht die Möglichkeit zur Trauer zu nehmen.“ Wir spüren den Dank der Hinterbliebenen, wenn wir trotz der momentanen Ausnahmesituation für sie da sind.

Dennoch achtet Sven Heisig auch bei seinen Mitarbeitern auf die entsprechende Gesundheitsfürsorge. Mundschutz und Handschuhe sind hier eine Selbstverständlichkeit, auch schon vor der Coronakrise. Einen großen Dank richtet er an dieser Stelle an den Landesbestatterverband. „Die machen einen wirklich tollen Job und stellen bei Bedarf für die Bestatter auch entsprechende Hilfsmittel und Hygienematerialien bereit.“ Im Gegensatz dazu ist er von der Politik enttäuscht. So sind die Bestatter nicht als systemrelevant eingestuft, was für seine Mitarbeiter bei der Kinderbetreuung große Probleme bedeutet. „Hier würden wir uns deutlich mehr Anerkennung wünschen.“

 

Diese sechs Geschichten sind nur ein kleiner Ausschnitt. Viele andere Handwerkerinnen und Handwerker in Ostthüringen unternehmen in der heutigen Zeit ebenfalls Tag für Tag alles um sowohl ihre Mitarbeiter und Kunden vor einer Infektion zu schützen oder für den Fortbestand ihrer Handwerksbetriebe zu kämpfen. Gerade die vielen kleinen und mittelständischen Handwerksunternehmen sind es, die auf den Kundenkontakt angewiesen sind. Die Auswirkungen sind enorm. Existenzängste sind an der Tagesordnung. Das zeigen auch die zahlreichen Anträge auf Soforthilfe, die allein bei der Handwerkskammer für Ostthüringen eingegangen sind oder die vielen Telefonate über deren Hotline.

Gerade in dieser schweren Zeit gilt es, auch positive Beispiele als Anregung für andere Handwerkerinnen und Handwerker zu bringen. Hier können wir alle gemeinsam beweisen, dass das Handwerk zusammenhält.

Deshalb unsere Bitte: Schildern Sie uns ihre Erfahrungen. Wie gehen Sie mit der Coronakrise um? Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen? Ihre Geschichte ist gefragt, um diese anderen Handwerkern als Hilfestellung mit auf den Weg zu geben. Senden Sie uns Ihre Geschichte bitte an die E-Mail-Adresse presse@hwk-gera.de.  So können Sie allen anderen Mut machen. Gern rufen wir Sie auch zurück.