Tischlermeister Jens Hertel mit Backmolle
HWK für Ostthüringen

Tischlermeister Jens Hertel aus Remda bei Europäischen Tagen des Kunsthandwerks dabei Mit der Backmolle große Traditionen am Leben erhalten

Was haben Tischlermeister Jens Hertel aus Remda sowie Bäcker und Fleischer gemeinsam. Sie alle setzen auf die Back- und Schlachtmolle. Während viele größere Bäckereien oder Fleischereien auf die Molle aus Kunststoff oder Metall setzen, hat sich Jens Hertel der Herstellung der Backmolle aus Holz verschrieben. Damit ist er einer der letzten Muldenhauer in ganz Deutschland, die diese hölzernen Unikate heute noch in dieser Form und Qualität herstellen.

„Ich habe Verständnis dafür, dass viele Bäckereien und Fleischereien auf andere Materialien bei der Backmolle setzen. Bei den Mengen an Teig und Fleisch, die tagtäglich dort durchlaufen, sind sehr große Behälter notwendig. Das lässt sich mit der Holzvariante nicht stemmen“, so der 62-jährige Remdaer.

 

Warum die Mondphasen für den Holzeinschlag so wichtig sind

Der Weg vom Baum - meist Pappel, aber auch Linde oder Weide - bis zu fertigen Backmolle ist lang und aufwendig. „Das Holz muss passen, sonst wird das nichts“, erklärt Jens Hertel. Deshalb setzt er auf Mondphasenholz, das er zwischen Dezember und Februar, kurz vor Neumond, schlägt. „Auch wenn mich manche belächeln, so habe ich die Erfahrung gemacht, dass Mondphasenholz weniger Schädlings- und Pilzbefall hat. Das ist wichtig, damit die Backmolle viele Jahrzehnte hält“, so der Fachmann.

 

Die Arbeitsschritte: Vom Fräsen, Schleifen und Einölen

Und so entsteht die Backmolle: Der Baumstamm wird zuerst in der Mitte zersägt, dann geht es an das Herausfräsen der Mulde. Dabei erfolgt die Verarbeitung, wenn das Holz noch nass ist. „Das ist wichtig, um später eventuelle Risse im Holz zu vermeiden.“ Zum Einsatz kommen neben traditionellen Werkzeugen auch Maschinen. „Die Kettensäge mit verschiedenen Fräsaufsätzen ist dabei wichtig. Schließlich soll die Mulde ganz dünnwandig und gut geformt sein“, so Jens Hertel.

Anschließend ruht das Holz für vier Wochen und trocknet. Dabei verliert die Mulde im Vergleich zum Rohling die Hälfte ihres Gewichtes. Jetzt folgt der aufwendigste Arbeitsschritt – das Schleifen. Wie dies genau geschieht, bleibt sein Geheimnis. „Mehr als zehn Jahre habe ich getüftelt und getestet, um den Schliff so hinzubekommen, dass die Oberfläche sehr glatt ist. Denn nur so können die Gefäße auch ordentlich gereinigt werden“, erzählt er.

Der finale Schritt ist das Einölen der Oberfläche mit Leinöl, um die perfekte und langlebige Backmolle zu erzielen. Jens Hertel ist immer wieder aufs Neue stolz, wenn er die fertigen Gefäße in den Händen halten kann.

 

Hertels Backmollen auf der ganzen Welt gefragt

Begehrt sind seine Backmollen vor allem bei Privatpersonen, die gern auf das traditionelle Gefäß zurückgreifen. Dabei kommt seine Kundschaft mittlerweile aus der ganzen Welt. Mit seinem Können und der Qualität seiner Gefäße, die Generationen überdauern, hat er sich unter anderem auch in den USA, Schweden, Österreich, der Schweiz und Osteuropa einen Namen verschafft.

Maximal 100 Backmollen in den unterschiedlichsten Größen stellt er her. „Wenn das Holz des Baumes aufgebraucht ist, muss bis zum nächsten Jahr gewartet werden“, macht er die Besonderheit seiner Produkte deutlich, die stets aus einem Stück hergestellt sind. „Da wird nichts verdübelt, verklebt oder ähnliches. Selbst die Griffe an den größeren Backmollen sind nicht angesetzt.“

 

Mit Leidenschaft vom Tischler zum Muldenhauer

Jens Hertel ist Muldenhauer aus Leidenschaft. Begonnen hat er ganz klassisch mit einer Ausbildung zum Bau- und Möbeltischler und hat 1984 erfolgreich die Prüfung zum Tischlermeister abgelegt. Viele Jahre war er selbstständig, hatte zeitweise über 40 Mitarbeiter und stattete Kliniken mit Schränken und Türen aus.

Im Jahr 2002 entschied er sich jedoch, einmal ganz andere Wege zu gehen und neue Dinge zu versuchen. So kam er auf die Herstellung der Backmolle. Viele Jahre hat es gedauert, bis er sich die perfekten Arbeitsschritte und Handgriffe für seine Backmolle angeeignet hat. „Ich habe viel über Holz und seine Eigenschaften gelernt, Erfahrungen im Massivholzschleifen gesammelt. Schließlich hat eine Backmolle aus Holz ihren ganz besonderen Reiz“, zeigt Jens Hertel Begeisterung und macht damit deutlich, warum der Muldenhauer mit Leib und Seele ist.

 

Muldenhauer Jens Hertel vom 5. bis 7. April live erleben

Wer mehr über das traditionelle und immer seltener werdende Handwerk des Muldenhauers erfahren möchte, hat dazu bei Jens Hertel bald Gelegenheit. Er beteiligt sich in diesem Jahr an den Europäischen Tagen des Kunsthandwerks, die vom 5. bis 7. April stattfinden. An diesen Tagen öffnet er von 10 bis 17 Uhr seine Werkstatt, um Einblicke in eines der „schönsten Handwerke“, wie er selbst sagt, zu geben. Den Besucher erwarten spannende Einblicke in die Entstehung einer Backmolle - vom Baumstamm bis zum fertigen Produkt. Sie können Jens Hertel bei der Arbeit über die Schulter schauen und vielleicht das ein oder andere Unikat mit nach Hause nehmen. Übrigens: Neben den Backmollen stellt der Remdaer auch tolle Dekoschalen aus Holz her. „Schließlich soll alles vom Baumstamm komplett verarbeitet werden“, erzählt er abschließend und freut sich auf hoffentlich zahlreich Interessierte am 1. Aprilwochenende in Remda.

Wer schon vorab einen kleinen Einblick in die Arbeit und die Gefäße vorab haben möchte, schaut einfach mal online bei Jens Hertel unter www.backmolle.de vorbei.

 

Titelbild: Tischlermeister Jens Hertel aus Remda präsentiert stolz eine Auswahl seiner berühmten Backmolle, die er aufwendig und mit viel handwerklichem Können in verschiedenen Größen herstellt und stets Unikate sind. Foto: André Kühne