Vollversammlungsmitglieder der Handwerkskammer tagten in Gera Mit großen Themen ins Jubiläumsjahr
In Zeiten großer wirtschaftspolitischer Unwägbarkeiten auf Bundes- als auch auf Landesebene traf sich die Vollversammlung der Handwerkskammer für Ostthüringen zu ihrer jüngsten Sitzung.
Der Kammerpräsident Wolfgang Jacob ließ in seinem Bericht die derzeitige Situation im Ostthüringer sowie die Arbeit der Handwerkskammer in den vergangenen Monaten noch einmal Revue passieren und gab einen Ausblick auf die in den nächsten Wochen und Monaten anstehenden Herausforderungen.
Krisenstimmung und die Suche nach Auswegen
„Die wirtschaftliche Situation hat sich gegenüber dem Frühjahr dieses Jahres wieder deutlich verschlechtert. Das spiegelt sich in der aktuellen Herbstumfrage der Handwerkskammer für Ostthüringen unter ihren Mitgliedsbetrieben wider. Die Krisenstimmung hält unvermindert an“, so der Kammerpräsident zu Beginn seiner Ausführungen.
Negativ falle ebenso die Erwartungshaltung der Geschäftslage in den kommenden Monaten aus. Es mache sich mehr und mehr Resignation unter unseren Handwerkerinnen und Handwerkern breit.
In den zurückliegenden Monaten nach den Kommunalwahlen Ende Mai hat die Handwerkskammer das Hauptaugenmerk auf Gespräche mit den neu gewählten Landräten und Oberbürgermeistern gelegt. „Hier war und ist es uns wichtig, die Anliegen des Handwerks – sei es auf kommunalpolitischem Gebiet oder in Bildungsfragen - vor allem auf regionaler Ebene an die Entscheider zu bringen“, so Jacob.
Auch im Vorfeld der Landtagswahl wurden die Forderungen des Handwerks ganz klar an die potentiellen Landtagsabgeordneten gerichtet, damit diese sich in den entsprechenden Parteiprogrammen wiederfinden und Handwerksbetrieben eine Plattform geboten – so beispielsweise zur Wahlarena in Zusammenarbeit mit der IHK.
Vor allem die wirtschaftspolitischen Unsicherheiten, die derzeitige Hängepartie bei der Bildung einer neuen Landesregierung in Thüringen, die immer weiter ausufernde Bürokratie mit stetig neuen Auflagen, Verordnungen und Nachweispflichten sowie die wachsenden finanziellen Belastungen für Handwerker und ihre Kunden kommen immer wieder zur Sprache.
„Unsere Handwerksunternehmen brauchen endlich verlässliche Perspektiven, wie es in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen wird – und das vor allem auf Bundesebene“, macht der Kammerpräsident deutlich.
Neuwahlen als mögliches Signal des Aufbruchs
Die Regierungskoalition auf Bundesebene ist Geschichte. Wir brauchen die Neuwahlen so schnell wie möglich, damit die Regierung endlich wieder handlungsfähig wird. Deshalb ist es ein positives Signal, dass sich die Regierungsparteien, gemeinsam mit der CDU/CSU auf einen Wahltermin verständigt haben: den 23. Februar 2025.
„Für mich ist dies ein Signal, dass jetzt endlich die Wirtschaft und damit vor allem auch der handwerkliche Mittelstand wieder mehr in den Fokus rücken müssen. Nur so ist Deutschland aus der anhaltenden wirtschaftlichen Krise zu führen“, weist Wolfgang Jacob auf die Herausforderungen hin. Um auch hier frühzeitig für Transparenz zu bieten und den Ostthüringer Handwerksunternehmern eine Plattf0rm zu bieten, findet hierfür beispielsweise eine weitere Wahlarena am 26. Januar 2025 in Gera statt, zu der Handwerkerinnen und Handwerker ihre Forderungen und Vorschläge direkt an die potentiellen neuen Bundestagskandidaten richten und sich eine ganz persönliche Meinung bilden können.
Aber auch eine der wohl drängendsten Fragen für den Fortbestand des Handwerks in seiner jetzigen Struktur ist die Gewinnung von Fachkräftenachwuchs und damit potentiellen Unternehmensnachfolgern. Viele Maßnahmen und Aktionen führt die Handwerkskammer Jahr für Jahr durch – seien es die Information auf Ausbildungsmessen, bei Schulbesuchen, die Beratung von Ausbildungsunternehmen oder Aktionen im Rahmen des Sportmarketings. Viele dieser Maßnahmen zeigen Erfolg. So konnten bis Ende Oktober 794 neue Lehrverträge im Ostthüringer Handwerk verzeichnet werden, was einem leichten Zuwachs entspricht.
Praktikumsprämie als Erfolg und Forderung nach Verstetigung
Auch hier ist die Handwerkskammer immer wieder im Gespräch, um bei den politischen Entscheidern mit neuen Ideen auf Unterstützung zu setzen. Bestes Beispiel hierfür ist die Einführung der Praktikumsprämie für das Thüringer Handwerk in diesem Jahr. Der Freistaat Thüringen unterstützt jetzt Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren mit einer Praktikumsprämie von 120 Euro pro Woche, wenn sie in den Ferien in einem Handwerksbetrieb einen Ausbildungsberuf kennenlernen. Allein in Ostthüringen haben in den diesjährigen Sommerferien und Herbstferien 108 Schülerinnen und Schüler mit insgesamt 160 Wochen dieses Angebot genutzt.
Der Erfolg zeigt, dass die Praktikumsprämie eine wertvolle Möglichkeit ist, junge Menschen an einen Handwerksberuf heranzuführen. „Jetzt sind wir dabei und hoffen, dass die Praktikumsprämie auch im Jahr 2025 vom Freistaat Thüringen zur Verfügung gestellt und im Idealfall verstetigt wird.“, so der Kammerpräsident.
Aber auch im Bereich der Fortbildung und vor allem Meisterausbildung sind in den letzten Jahren durch den immer fortwährenden Einsatz der Handwerkskammer Instrumente mit Förderung durch den Freistaat entstanden. Dazu gehörten die Meisterprämie, der Meisterbonus und die Meistergründungsprämie, die maßgeblich dafür sorgen, die Motivation bei Handwerkerinnen und Handwerkern zur Meisterausbildung zu steigern und gegebenenfalls eine spätere Gründung oder Betriebsübernahme zu initiieren.
Interessenvertretung sowohl politisch als auch in der Bildung
„Egal ob Praktikumsprämie oder die Prämien für unsere Meisterinnen und Meister – auch dies alles gehört für uns als Handwerkskammer zur Interessenvertretung für unsere Mitgliedsbetriebe“, ergänzt Hauptgeschäftsführer Karsten Sachse. „Allein in diesem Jahr konnten wir so Gelder für unsere Handwerkerinnen und Handwerker im sechsstelligen Bereich generieren. Schließlich fallen diese Mittel nicht vom Himmel, sondern bedürfen einem stetigen Dialog und fortwährender Diskussion in den genannten Fällen mit der Thüringer Landesregierung.“
Dazu zählt auch ganz neu Thüringens modernstes Wärmepumpenkabinett in der Bildungsstätte der Handwerkskammer für Ostthüringen, das im September eingeweiht werden konnte und ebenfalls zu einem Großteil vom Freistaat gefördert wurde. Erste Lehrgänge laufen derzeit und sorgen dafür, unseren Betrieben qualitativ hochwertige Schulungen anzubieten.
Natürlich gilt es, auch hier stetig am Ball zu bleiben und auch mit eigenen Maßnahme für effiziente und umfassende Ausbildungsangebote zu sorgen. Dazu gehört auch, den Blick auf die Zukunft zu richten und mit dem Berufsbildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer für Ostthüringen und seinen drei Bildungsstätten in Gera, Rudolstadt und Zeulenroda gut aufgestellt zu sein. Dafür ist es notwendig, entsprechende Umstrukturierungen in diesem Bereich vorzunehmen, um eine nachhaltige und fördergerechte Bündelung der Maßnahmen in der beruflichen Bildung zu realisieren. Hierzu fasste die Vollversammlung einen richtungsweisenden Beschluss, der die Möglichkeit bietet, hier gezielt weiterzuarbeiten.
Weitere Beschlüsse betrafen unter anderem die Festsetzung überbetrieblicher Unterweisungsmaßnahmen, eine Anpassung der Ehrenordnung der Handwerkskammer für Ostthüringen sowie den Umgang mit der bisher bestehenden Inkassostelle in der Handwerkskammer.
125-jähriges Kammerjubiläum mit einigen Höhepunkten
Natürlich gab Kammerpräsident Wolfgang Jacob auch einen Ausblick auf das Jahr 2025 – ein ganz besonderes Jahr. Die Handwerkskammer für Ostthüringen begeht im kommenden Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. „Wir möchten dabei aber vor allem unsere Handwerkerinnen und Handwerker in den Fokus rücken“, erklärte Jacob.
So gibt es erstmals einen Jahreskalender, in dem Handwerksunternehmen verschiedener Gewerke aus ganz Ostthüringen abgebildet sind. „Damit wollen wir ein Zeichen für Regionalität setzen und das Ostthüringer Handwerk in seiner Vielfalt würdigen.“
In der Deutschen Handwerkszeitung, im Internet und über Social Media werden ebenfalls die 125 Jahre über das gesamte Jahr ihren Niederschlag finden.
Auch die Ehrung verdienter Meisterjubilare am 26. Februar sowie die Meisterfeier für die Meisterabsolventen am 23. August werden in das Festjahr eingebunden.
Ehrenamt bei Festveranstaltung im Mittelpunkt
Ebenso ist eine Festveranstaltung zum 125-jährigen Bestehen in Planung. Dabei soll vor allem das Ehrenamt im Mittelpunkt stehen. „Sie sind es, die - egal ob in den Gesellen- und Meisterprüfungsausschüssen, in den Innungen oder in der Vollversammlung – einen wichtigen Beitrag leisten, um das Handwerker voranzubringen. Ohne Sie alle könnte die Handwerkskammer nicht auf dieses Jubiläum zurückblicken.“
Zudem werden weitere Veranstaltungen stattfinden – und das in ganz Ostthüringen. Lassen Sie sich überraschen.
Abschließend ließ Kammerpräident Wolfgang Jacob den Blick auch schon in den Herbst 2025 schweifen, denn dann steht nach fünf Jahren wieder die Wahl einer neuen Vollversammlung an, die dann die Geschicke des Handwerks für die Zeit von 2025 bis 2030 bestimmen wird.
Viele Ereignisse also, die es im kommenden Jahr zu meistern gilt. „Dabei sind wir aber auf den Zusammenhalt unter einander und die Unterstützung aller Handwerkerinnen und Handwerker angewiesen. Denn nur gemeinsam ist das Handwerk stark – das hat unseren Berufsstand schon immer ausgezeichnet“, so Wolfgang Jacob.
Titelbild: Den Blick ins neue Jahr gerichtet: Kammerpräsident Wolfgang Jacob, die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Katja König und Hauptgeschäftsführer Karsten Sachse (v.l.) mit dem druckfrischen Jubiläumskalender zum 125-jährigen Bestehen der Handwerkskammer für Ostthüringen. Neben einigen festlichen Höhepunkten warten auch jede Menge Arbeit und viele Herausforderungen, um bestmögliche Unterstützungen für das Ostthüringer Handwerk anbieten zu können.